Jahrestagung 2017 der DSO- Region Mitte

Die Jahrestagung 2017 der DSO-Region Mitte fand am 18.2.17, in der Uniklinik Frankfurt, statt.
Mit dieser Veranstaltung sollten die Transplantationsbeauftragten, das ärztliche- und pflegerische Personal, die sich mit Organspende in den Krankenhäusern beschäftigen, die Patientenverbände, aber auch die Angehörigen von Organspendern angesprochen werden.
Nach der Begrüßung durch die geschäftsführende Ärztin der DSO-Mitte, Frau PD Dr. Ana Paula Barreiros, versprach der hessische Gesundheitsminister, Herr Stefan Grüttner, die momentane Situation der Wartepatienten zu verbessern. Er möchte sich dafür einsetzen, dass die Organspendezahlen wieder ansteigen und befürwortete die Widerspruchslösung.
Der Vorsitzende des Fachbeirates der DSO- Mitte, Herr PD Dr. Christian Mönch, ermutigte alle Beteiligte sich weiter für Organspende zu engagieren: „Wir haben eine exzellente Transplantationsmedizin und diese sollte man auch erhalten!“ betonte er.

Christopher Nieß von der DSO Frankfurt erläuterte die Finanzierung der Transplantationsbeauftragten.
Der DSO wurde von ihren Auftraggebern (BÄK,DKG,GKV) die Finanzierung der Transplantationsbeauftragten übertragen. Für die Bestellung von Transplantationsbeauftragten erhalten die Entnahmekrankenhäuser nach § 9a Abs. 1 des Transplantationsgesetzes eine pauschale Vergütung.
Nach der Vereinbarung zur Tätigkeit und Finanzierung von Transplantationsbeauftragten werden im Jahr 2017 18 Mio. Euro an die Entnahmekrankenhäuser ausgezahlt.
Diese wurden angeschrieben und über die Finanzierung für 2017 informiert. Die Auszahlung ist daran geknüpft, dass die Daten vollständig und fristgerecht zum 31.03. an die DSO übermittelt werden. Die Auszahlung erfolgt jeweils in 4 Teilbeträgen zum 30.4, 31.7., 31.10. und 31.1.
Die Verteilung der Finanzmittel auf die Entnahmekrankenhäuser wird in einer separaten Vereinbarung geregelt. In dieser Vereinbarung werden auch die Berichtspflichten der Transplantationsbeauftragten festgeschrieben.
Außerdem stellte Herr Nieß das neue Portal „Transplantcheck“ (http:// transplantcheck.dso.de) vor. Dies beinhaltet eine Datenerhebung und Analyse aller Todesfälle auf den Intensivstationen nach primärer oder sekundärer Hirnschädigung und wird gemeinsam mit den Krankenhäusern erstellt.
Mit „Transplantcheck“ soll eine wichtige Maßnahme der Qualitätssicherung ein transparenteres Bild der möglicherweise komplexen Ursachen des Rückgangs der Spenderzahlen ermittelt werden.
Mit der Frage „Was hat die neue Richtlinie zur IHA- Diagnostik (irreversibler Hirnfunktionsausfall ) bewirkt?“ beschäftigte sich Prof. Ralf Ketter, Neurologe vom Uniklinikum Saarland.
Mit der Veröffentlichung der Vierten Fortschreibung der Richtlinie wird die Hoffnung verbunden, möglichen Unsicherheiten und Ängsten in diesem sensiblen Feld der Intensivmedizin auf verständliche und nach-vollziehbare Weise entgegenzutreten und so das Vertrauen in die richtlinienkonform durchgeführte sichere Todesfeststellung weiter zu stärken
Die Richtlinie fordere besondere Untersuchungsanforderungen an die Altersgruppen bei Patienten bis 14 Jahren und unter 2 Jahren.

„SAE und SAR- was bedeutet das für wen?“ Darüber berichtete Frau Dr. Barreiros.
SAE – Serious Adverse Event bedeutet ein schwerwiegender Zwischenfall
„Jedes unerwünschte und unerwartete Ereignis von der Spende bis zur Transplantation, das zur Übertragung einer Infektionskrankheit zum Tod oder zu Zuständen führen könnte, die lebensbedrohlich sind, eine Bedrohung oder ein Funktionsverlust zur Folge haben oder eine Krankenhausbehandlung oder Morbidität nach sich ziehen oder verlängern.“
Ein SAE ist ein Ereignis, das bei Untersuchungen des Spenders/Spenderorganen (und nicht beim Empfänger!) auftritt. Es ist immer mit einem konkreten Risiko für mind. einem Empfänger verbunden. D.h. mind. ein Empfänger muss bei Bekanntwerden des SAE bereits transplantiert bzw. in Narkose sein.

SAR- Seious Adverse Reaction – schwerwiegende unerwünschte Reaktion
„Jede unbeabsichtigte Reaktion, einschließlich einer Infektionskrankheit, beim Lebendspender oder Empfänger, die mit irgendeinem Glied der Kette von der Spende bis zur Transplantation in Zusammenhang stehen könnte und die lebensbedrohlich ist, eine Behinderung oder einen Funktionsverlust zur Folge hat oder eine Krankenhausbehandlung oder Morbidität nach sich zieht oder verlängert.“
 Ein SAR tritt beim Organempfänger auf. Es ist ein unerwartetes Ereignis („Reaktion“) beim Empfänger während bzw. nach Transplantation, das möglicherweise ausgelöst wurde durch das Spenderorgan. Es ist somit auch mit einem konkreten Risiko für alle anderen Organempfänger desselben Spenders verbunden.
Das bedeutet:
• Aufnahme und Aufarbeitung SAE/SAR-Fälle gesetzlicher Auftrag an die DSO
• SAE/SAR Team der DSO: Professionalisierung und Strukturierung
Das Ziel ist eine bessere Spenderidentifizierung, Lernen: welcher Spender für welchen Empfänger? Empfängersicherheit.
Es ist eine Gemeinschaftsaufgabe mit den Transplantationszentren, externen Experten etc..

Das zentrale Thema der Jahrestagung befasste sich mit dem Thema „Die Rolle der Rechtsmedizin bei der Organspende“. Facharzt Dr. Peter Neis klärte auf.
Bei nicht natürlichen Todesursachen (z.B. Unfall, Vergiftung, Gewalteinwirkung, Suizid) informiert der behandelnde Arzt die zuständigen Ermittlungsbehörden: zunächst die Polizei. Diese informiert dann die Staatsanwaltschaft. Auf Wunsch der Klinik kann der DSO-Koordinator die Benachrichtigung der zuständigen Behörden übernehmen.
Die Staatsanwaltschaft (STA) entscheidet über Art und Umfang der Ermittlungen und über die Sicherstellung des Leichnams. Der Leichnam einer Person, die eines nicht natürlichen Todes gestorben ist, dient der Beweissicherung.
Die Ermittlungsbehörden sollen feststellen können,
ob ein Fremdverschulden und Anhaltspunkte für ein strafbares Verhalten vorliegen.
Es ist deshalb alles zu unterlassen, was die Beweiszwecke vereiteln könnte, wie
dies – wenn auch unbeabsichtigt – durch eine Organentnahme geschehen könnte.
Daher sind die Ermittlungsbehörden über eine beabsichtigte Organentnahme zu
verständigen, damit sie über die Freigabe des Leichnams entscheiden können.
Die STA besitzt die alleinige Verfügungsgewalt über den Leichnam und darf unabhängig von den Angehörigen und dem Willen des Verstorbenen, z.B.
• Über den Verbleib des Leichnams entscheiden
• Über die Entnahme von Körperflüssigkeiten (z.B. Blut) entscheiden
• Über die Organentnahme einzelner Organe und die Organspende an und für sich entscheiden
Rein rechtlich dürfen keine Veränderungen am beschlagnahmten Leichnam vorgenommen werden.
• Keine Blutentnahmen
• Keine Gabe von Medikamenten
• Keine sonstigen Veränderungen
Stillschweigend wird dies im Rahmen der für die Organspende notwendigen Maßnahmen jedoch toleriert.
Befürchtungen der Staatsanwaltschaft sind jedoch:
• Organentnahme von verletzten Organen
• Veränderung der Befunde am Leichnam
• Nichtverwertbarkeit oder eingeschränkte Verwertbarkeit des nachfolgenden Obduktionsergebnisses
• Beweisnot im Strafverfahren
• Im Extremfall: Straffreiheit trotz Straftat
Je nach STA und Staatsanwalt wird deshalb Folgendes gehandhabt:
• Ablehnung einer Organspende
• Zustimmung zu einer Teilentnahme
• Vorrang für die Organspende
Es kann auch ein Rechtsmediziner hinzugezogen werden. Die Staatsanwaltschaften verfügen über ein Dezernat, das ausschließlich Todesermittlungssachen bearbeitet.
Mit diesen Dezernaten sind die Rechtsmediziner eng verbunden, da auch die Entscheidung über Obduktionen von diesen Dezernenten getroffen wird.
Der Rechtsmediziner ist bei der Organentnahme anwesend und dokumentiert:
• Welche Veränderungen werden am Leichnam während der Explantation durchgeführt
• Welche Befunde sind an den entnommenen Organen makroskopisch zu erheben.
• Übersendung der Lichtbilder der Organe, die im Rahmen der Organspende von der DSO gefertigt werden.
• Übersendung des detaillierten Operationsberichtes
Interessant war auch der Bericht von Dr. Michael Möller, OA der Kardiologie Kassel, über „Tako-Tsubo-Herzen – für immer verloren?“
Das Tako-Tsubo Herz ist eine seltene, akut einsetzende Funktionsstörung des Herzmuskels. Die Symptome gleichen denen eines Herzinfarktes und betreffen alle Altersklassen. Sie treten meist nach einer außerordentlichen emotionalen oder körperlichen Belastung auf. Die Ursache ist noch nicht bekannt. Das Krankheitsbild wurde 1991 erstmals beschrieben, Namensgeber war eine japanische Tintenfischfalle in Form eines Kruges mit kurzem Hals (Tako-Tsubo)
Dr. Möller kam zu dem Entschluss, dass man diese Herzen unter bestimmten Bedingungen transplantieren kann.

Bericht: Mariele Höhn


Den Abschluss der Jahrestagung war ein Bericht von Oliver Görgen über die
Organspende aus der Sicht des Pflegenden im Krankenhaus.
Die Pflege ist die Schnittstelle zwischen Intensivmedizin und der Pflege des Patienten, den Angehörigen und, im Falle einer möglichen Spende, der DSO. Das Pflegepersonal bemerkt als erste Veränderungen beim Patienten und sind auch diejenigen, die den regelmäßigen Kontakt zu den Angehörigen haben.
Wichtige Voraussetzung ist es, dennoch stets eine professionelle Distanz zum Patienten und den Angehörigen zu halten. Zudem sollten Grundkenntnisse über das Transplantationsgesetz und über gesamten Transplantationsprozess vorhanden sein.
Kommt es zu einer Organspende, ist das Pflegepersonal in das Patientengespräch eingebunden. Das ist wichtig, da nun ein besonderer Pflegeaufwand im Hinblick auf möglich Empfänger beginnt, der den Angehörigen den Angehörigen vermittelt werden muss. Die Wahrung der Würde des Patienten bei den ist sehr wichtig bei der dann beginnenden Untersuchung zur Feststellung des irreversiblen Ausfalls der Hirnfunktionen. Das alles ist für die Pflege keine Routinearbeit, die auch zu einem Konflikt und der Sinnfrage beim Pflegenden führen kann. Neben der Pflege des Patienten ist der Umgang mit den Angehörigen eine große Herausforderung.

Bericht: Egbert Trowe

Fotos: Mariele Höhn

Frau PD Dr. Ana Paula Barreiros Geshäftsführede Ärztin DSO Region Mitte

Frau PD Dr. Ana Paula Barreiros Geshäftsführede Ärztin DSO Region Mitte

Jahrestagung 2017 DSO Region Mitte

Jahrestagung 2017 DSO Region Mitte

PD Dr. Ana Paula Barreiros und Mariele Höhn

PD Dr. Ana Paula Barreiros und Mariele Höhn

Kontakt

Lebertransplantierte Deutschland e.V.
Montag - Donnerstag 10:00 bis 15:00 Uhr 

Telefon: 02302/1798991
Fax: 02302/1798992

E-Mail: geschaeftsstelle(at)lebertransplantation.de

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