Die häufigste Pilzintoxikation, die zu einem akuten Leberversagen führt, wird durch die versehentliche orale Aufnahme von Amanita phalloides (Knollenblätterpilz) oder einigen anderen Arten der Gattung Amanita, Galerina oder Lepiota verursacht. Das Fatale bei der Ingestion (Nahrungsaufnahme) dieser wilden Pilze sind der gute Geschmack und das harmlose Aussehen, welche sehr oft mit Champignons oder anderen essbaren Pilzen verwechselt werden [8]. Phallotoxin und Amanitin sind die toxischen Komponenten. Phallotoxin ist weniger toxisch, da es im Gegensatz zum Amanitin durch Hitze zerstört werden kann und gastrointestinal nicht resorbiert wird. Die letale Dosis des Amanitins ist sehr gering mit 0,1 mg/kg Körpergewicht [20,21]. Die Wasserlöslichkeit von Amanitin begünstigt die gastrointestinale Resorption. Die Beständigkeit des Amanitins gegenüber Enzymen und der Magensäure und der enterohepatische Kreislauf erschweren die Pilzvergiftung [8,23].
Das klinische Bild der Amanitin-Intoxikation kann von einem milden subklinischen Verlauf bis zu einem tödlichen fulminantem Verlauf reichen [20]. Die ersten 0-12 Stunden sind durch die Abwesenheit von Symptomen gekennzeichnet. Die Inkubationszeit kann 6-20 Stunden dauern, eine frühe Diagnose und eine unverzügliche Therapieeinleitung sind Prognose-entscheidend. Pilzintoxikationen anderer Arten zeigen in der Regel 1-2 Stunden nach der Ingestion eine ausgeprägte gastrointestinale Beschwerdesymptomatik [1,4,12]. Normalerweise beginnen die ersten Symptome des Amatoxin-Syndroms 8-12 Stunden nach der Einnahme mit Übelkeit, Erbrechen, krampfartigen Abdominal-Beschwerden und Diarrhoe. Die weitere klinische Symptomatik besteht aus einer Elektrolytverschiebung, einer metabolischen Azidose, eine Hypoglykämie, Dehydratation und Hypotension nach 12-24 Stunden, zudem zeigt sich laborchemisch eine leicht eingeschränkte Nierenfunktion und eine Erhöhung der Leberenzyme, nach einer Korrektur der Dehydratation durch eine forcierte Hydrierung erscheint eine klinische Besserung. In der klinischen Phase der scheinbaren Rekonvaleszenz 1–7 Tage nach Ingestion zeigen sich die gastrointestinalen Beschwerden regredient, die Toxine schädigen allerdings Leber und Niere und es entwickelt sich ein fortschreitendes Leberversagen mit Gerinnungsstörungen bis hin zum Multiorganversagen. Parallel entwickelt sich bei den meisten Patienten ein progredientes Nierenversagen bedingt durch die Hypovolämie und einer dadurch bedingten Nierenminderperfusion. Erschwerend ist im Rahmen des Leberversagens ein zusätzlich hepatorenales Nierenversagen, das entscheidend zur hohen Mortalität beiträgt. Ca. 7-10 Tage nach der Ingestion zeigt sich bei günstigem Verlauf eine vollständige Rückbildung der Symptomatik, es liegt eine vollständige Heilung vor [1,3,10,12,20].
Eine einheitliche Behandlungsstrategie für eine Vergiftung mit dem Knollenblätterpilz liegt nicht vor. Die Problematik besteht in der Wasserlöslichkeit des Amanitins, es begünstigt die gastrointestinale Aufnahme. Nach der oralen Aufnahme wird es vom Gastrointestinaltrakt absorbiert und über die Pfortader in die Leber transportiert, etwa 60% des im Umlauf stehenden Amanitins wird über sinusoidale Transportsysteme für das Gallensalz-Recycling aufgenommen und in den Hepatozyten gebunden. Es kommt zu einer Blockierung der intrazellulären Proteinsynthese und die anschließende Apoptose der Hepatozyten [9,13,14,16]. Dies bewirkt eine erneute Freisetzung des Amanitins über die Gallenwege, ein Rest verbleibt in der Gallenblase. Ein Teil des gespeicherten Amanitins wird im Verlauf erneut freigesetzt und durchläuft den enterohepatischen Kreislauf. Das Amantin wird über die Nieren ausgeschieden zur Minimierung der Nierentransitzeit sollte innerhalb von 24 Stunden mit einer forcierten Hydrierung (3-5 l) mit einer kristalloiden Lösung begonnen werden als Volumentherapie zum Ausgleich des Flüssigkeitsdefizits, um eine Hypovolämie zu vermeiden. Des Weiteren sollte unverzüglich mit einer medikamentösen, intravenösen Therapie mit Silibinin (Legalon®) begonnen werden. Silibinin hemmt die Aufnahme von Amanitin in die Hepatozyten und stabilisiert die Hepatozytenmembran. In den USA läuft hierzu eine Studie. Die Publikation dieser Daten wird in Kürze erwartet. Die Inhibition der Aufnahme von Amanitin in die Hepatozyten führt zur Wiederzufuhr von Amanitin in den Blutkreislauf und zur Möglichkeit der renalen Ausscheidung; daher ist die Aufrechterhaltung der Nierenfunktion entscheidend für den Erfolg der Therapie [5,17,19,22]. Eine weitere Behandlungsmaßnahme scheint der frühzeitige Einsatz von extrakorporalen Verfahren in Form der Albumindialyse darzustellen. Unsere Erfahrungen zeigen, dass die Albumindialyse den fulminanten Verlauf eines Leberversagens positiv beeinflussen kann [2,11,18]. Von weiterer Bedeutung ist die Limitierung einer Amanitin-Exposition der Hepatozyten durch eine Unterbrechung des enterohepatischen Kreislaufes. Aufgrund der Amanitinanreicherung in der Gallenblase ist eine weitere Therapiemöglichkeit eine gezielte sonographisch gesteuerte Punktion der Gallenblase zur Entfernung des Amanitins aus dem enterohepatischen Kreislauf [6,7]. Der Patient sollte deshalb nüchtern bleiben, was er meist ohnehin im Rahmen der gastrointestinalen Beteiligung ist. Bei einem fulminanten Verlauf des akuten Leberversagens ist eine Lebertransplantation ein kurativer Therapieansatz [15]. Das Leberversagen kann so akut verlaufen, dass Patienten innerhalb weniger Tage im Rahmen des Hirnödems im Hirntod versterben können.
Ein Interessenkonflikt besteht nicht.
Pilzvergiftungen mit den Gattungen Amanita, Galerina, Lepiota, die das Toxin Amanitin enthalten stellen eine Herausforderung der medizinischen Behandlung aufgrund des oft fatalen Verlaufs des akuten Leberversagens dar [20]. Ein weiteres Problem ist die klinische Symptomatik, die mit einem zweizeitigen Verlauf der Amanitin-Intoxikation charakterisiert ist. Zum einen durch die gastrointestinale Phase, die in der Regel 6 bis 12 Stunden nach der Pilzingestion beginnt und eine ausgeprägte, gastrointestinale Symptomatik zeigt und zum anderen durch die hepatorenale Phase mit einem Anstieg der Leberenzyme bis hin zum Multisystemorganversagen mit einer 10-30%igen Letalität [8,10,21].
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