Zusammenfassung des Vortrags von Prof. Dr. med. Martin Zeier, Direktor des Nierenzentrums Heidelberg, am 20.6.2019 beim Arzt-Patienten-Seminar in Heidelberg.
I. Nierenschädigungen bei Lebererkrankungen /vor einer Lebertransplantation.
Die Leber kann aufgrund sehr verschiedener Ursachen erkranken. Die Art der Nierenschädigung korreliert mit den verschiedenen Ätiologien:
1. Liegt eine Leberzirrhose vor, geht diese häufig mit Aszites (Wassersucht) einher. Die bis zu vielen Litern im Gewebe und Bauchraum eingelagerten Wassermengen stehen aufgrund der Leberschädigung dem restlichen Körper (Blutgefäße) nicht mehr zur Verfügung und können also auch nicht mehr über die Nieren ausgeschieden/entgiftet werden. Diese Situation kann zum sog. Hepatorenalen Syndrom (HRS- hepato- durch die Leber bedingt, renal – die Niere betreffend) führen. Verbessert sich die Leberfunktion wieder oder wird eine Lebertransplantation durchgeführt ist das HRS potenziell rückbildungsfähig. Besteht das HRS über längere Zeit können auch irreversible Nierenschäden auftreten.
2. Sind die Gründe für die Lebererkrankung eher entzündlicher Natur (z.B. Leberentzündungen aufgrund Hepatitis B oder C Virusinfektion- „Hepatitis“ - die Wortendung „itis“ bedeutet Entzündung) tritt eher eine sog. Glomerulonephritis auf. Eine solche beobachtet man auch bei autoimmun assoziierten Lebererkrankungen. Hier erfolgt die Nierenschädigung über das Immunsystem. (Unter Glomeruli versteht man die feinsten Strukturen der Nierenkörperchen, die mit dünnen Blutgefäßen versehen sind. Entzünden sich diese spricht man von einer Glomerulonephritis. Hält diese Entzündung an, gehen die Glomeruli unter.
3. Eine Nierenschädigung kann auch durch toxische (giftige) Substanzen hervorgerufen werden.
Im Falle der schweren Lebererkrankung kann der Körper das durch Zerfall der roten Blutkörperchen entstehende Bilirubin nicht mehr regelrecht verstoffwechseln und lagert es im Übermaß im Körper (Gelbfärbung!) und auch im Blut an. Das Bilirubin ist direkt ein nephrotoxischer Stoff.
Nierenschäden können auch durch bestimmte Medikamente hervorgerufen werden. Manche solchen Medikamente müssen aber gerade Lebererkrankte einnehmen. Das sind z. B. die Klasse der Diuretika (entwässernde Medikamente gegen den Aszites) oder Medikamente zur Verringerung der Viruslast bei bestehender Virushepatitis. Beim Einsatz dieser Medikamente bei Patienten mit vorgeschädigter Niere ist der Nutzen/die Notwendigkeit abzuwägen gegen die potienzielle (weitere) Schädigung der Nieren.
II. Nierenschädigungen nach der Lebertransplantation.
1. Die Langzeit- Nierenfunktion nach der LTx wird auch bestimmt durch Zustand der Nieren vor und kurz nach der Transplantation. Besteht die Nierenschädigung vor Transplantation noch nicht so lange und ist eher geringer ausgeprägt, können sich die Nieren in der neuen Leberstoffwechselsituation oftmals gut erholen. Anders sieht das z. B. bei schwerer Schädigung oder einem akuten Nierenversagen aus.
2. Auch notwendige Medikamente nach der LTx können die Nieren schädigen. Hier sind vor allen Dingen die Immunsuppressiva aus der Klasse der Calcineurinihibitoren zu nennen (Wirkstoffe: Ciclosporin und Tacrolimus). Sie behindern die Natrium-Rückresorbtion und bedingen eine Engstellung der an sich schon sehr feinen Nierengefäße. Die daraus resultierenden Durchblutungsstörungen können zur Unterversorgung der Niere mit Sauerstoff und so zur Fibrose der Niere führen. Während die Fibrosierung der Leber bei Einfluss schädigender Ursachen erst nach längerer Zeit auftritt, können solche Schäden an der Niere in relativ kurzer Zeit (binnen Wochen) auftreten. Bei einer Fibrose verändert sich das Gewebe zugunsten von funktionslosem Bindegewebe zulasten funktionstüchtigen Nierengewebes. Bei den Immunsuppressiva werden auch deshalb heutzutage sehr individuell, teilweise auf mehrere Präprate unter Veringerung der Nebenwirkungen der einzelnen, eingestellt und ein möglichst wenig schädigender Zielblutspiegel festgelegt, der jedoch immer noch eine Abstoßung sicher verhindert.
Im Zusammenhang mit nierenschädigenden Medikamente muss auch vor dem Einsatz von Nicht steroidale Antirheumatika/ Antiphlogistika (NSAR- z.B. ibuprofen, Diclofenac u.v.weitere) bei transplantierten Patienten gewarnt werden. Diese schmerzstillenden und entzündungshemmenden Medikamente sind bei Transplantierten zusätzlich zu den per se schon vorliegenden Risiken nierenschädigend. Sind Schmerzmittel notwendig, sollen die Patienten mit dem LTx-Zentrum absprechen, welche Präparate sie einnehmen können.
3. Besonders achten sollten Patienten und Ärzte darauf, ob nach LTx Anzeichen für einen Hypertonus (Bluthochdruck) oder PTD (Posttransplantdiabetes) vorliegen. Diese Diagnosen sind relativ einfach zu stellen. Ein Diabetes kann schon durch die Lebererkrankung angelegt sein, und durch Kortikoidgaben und Immunsuppressiva begünstigt werden. Auch ein Hypertonus kann sich durch notwendige Medikamenteneinnahme einstellen. Werden diese Erkrankungen frühzeitig diagnostiziert und es erfolgt eine gute Therapieeinstellung ist das ein guter Schutz für die Nierenfunktion und für den ganzen Menschen.
Wichtig sind also für jeden LTx-Patienten die entsprechenden Untersuchungen, um evtl. Schlimmeres zu vermeiden. Wird hier eine Vorschädigung der Niere nicht erkannt, kann es unbemerkt bis zur kompletten Insuffizienz kommen. Wird der Schaden erkannt, so kann häufig das Fortschreiten der Nierenerkrankung durch geeignete Maßnahmen (dazu gehört zum Beispiel auch die salzarme Kost) verhindert werden und der Patient kann mit reduzierter, aber nicht weiter fortschreitender Nierenschädigung leben.
Generell sollen Ärzte und Patienten daran denken, dass LTx-Patienten vor und nach der Transplantation auch stets Nieren-, Diabetes- und Hochdruckpatienten sein können. Den Patienten nicht nur auf die Lebererkrankung zu reduzieren, sondern ihn stets in der Gänze zu betrachten, ist notwendig und heutzutage zunehmend selbstverständlich.
Jutta Riemer
Lebertransplantierte Deutschland e.V.
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