Patientenseminar in Jena
Wartezeit – Medikamenteninteraktionen – Osteoporose und Organspende
Mit diesen Themen befassten sich die Referenten, die Prof. Dr. Utz Settmacher, Direktor der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie am Universitätsklinikum Jena und Oberärztin Dr. Christina Malessa für die Patientenveranstaltung am 29.3.2017 gewinnen konnten.
Das Interesse der Patienten war sehr groß. Das konnte auch daran festgemacht werden, dass der Hörsaal bis auf den letzten Platz besetzt war. Im Foyer hatte unser Koordinator für Thüringen, Hans-Jürgen Frost mit Rudolstädter Gruppenmitgliedern einen Informationsstand unseres Verbandes aufgebaut. Viele Betroffene kamen, nahmen Informationsmaterial mit und hatten Gelegenheit Fragen zu stellen und sich mit Betroffenen und Ansprechpartnern unseres Verbandes auszutauschen.
Dr. Andreas Herrmann, Leitender Oberarzt der Inneren Medizin in Jena referierte zunächst über wichtige Aspekte der Behandlung während der Wartezeit auf eine Leber. Bei der Einnahme von zusätzlichen Medikamenten ist bei vorgeschädigter Leber besondere Vorsicht geboten und stets eine Absprache mit dem Arzt wichtig. bei . Bei Schmerzen z.B. darf keine Selbstmedikation erfolgen, denn manche Schmerzmittel können die Lebermassiv weiter schädigen und zu Leberentzündungen führen. Das sind vor allen Dingen die Nicht Stereoidalen Antirheumatika wie z.b. Voltaren, Ibuprofen, Diclofenac, Indomethacin, Rewodina. Auch auf Paracetamol sollte verzichtet werden.
Das Thema Ernährung ist wichtig. Weder starkes Über- noch Untergewicht ist förderlich. Es gibt keine spezielle „Leberdiät“ Eine gesunde, abwechslungsreiche Ernährung, die einem Energie-, Eiweiß-, Mineralstoff-, und Vitaminmagel vorbeugt, ist wichtig. Ballaststoffreich und nicht eiweißreduziert soll die Ernährung sein. Auch mal eine Spätmahlzeit, um nächtlicher Unterzuckerung vorzubeugen ist sinnvoll. Für wichtige fettlösliche Vitamine (A,D,E,K, B-Vitamine+ Folsäure) und Mineralstoffe (Calcium, Magnesium, Zink) sollten Statusbestimmungen erfolgen und ggf. zusätzliche Gaben.
Leberwartelistenpatienten sollten auch darauf achten sich nicht zusätzlich mit Virusinfektionen zu belasten (Hepatitis E durch mangelhaft gekochtes Schweine- bzw. Wildfleisch, aber auch andere Virushepatitiden)- In diesem Zusammenhang ist auch an die Komplettierung des Impfstatus während der Wartezeit zu denken, da nach der LTx ein Aufbau von entsprechenden Antikörpern durch Einnahme von Immunsuppressiva fraglich ist. Tetanus, Diphterie, Keuchhusten, Polyomelitis, Pneumokokken (Lungenentzündung), Hepatitis B und Hepatitis A gehören dazu, ebenso wie die jährliche Grippeimpfung (Influenza – auch nach der LTx)
PD Dr. Katrin Farker, Fachärztin für Klinische Pharmakologie und Leiterin des entsprechenden universitären Zentrums in Jena, informierte über das Thema Arzneimittelwechselwirkungen (Interaktionen). Sie riet explizit die Beipackzettel der Medikamente zu lesen und vor allen Dingen den wichtigen Standardsatz zu beachten: „Informieren Sie ihren Arzt und Apotheker, wenn sie weitere Arzneimittel einnehmen, kürzlich eingenommen haben oder vorhaben solche einzunehmen. Das gilt auch bei pflanzlichen oder anderen frei verkäuflichen Mitteln.“ Denn die gewünschten Wirkungen können durch Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten verstärkt, abgeschwächt oder zunichte gemacht werden. Solche Wechselwirkungen sind vor allen Dingen bei solchen Medikamenten zu vermeiden, die eine enge therapeutische Breite haben. Das trifft genau auch auf verschiedene Immunsuppressiva zu, die spiegelgenau eingestellt werden müssen, damit sie zwar optimal wirken, aber die Nebenwirkungen möglichst gering gehalten werden. Können Immunsuppresiva durch Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten nicht mehr wirken, droht eine Abstoßung des Spenderorgans, wird die Wirkung erhöht, droht eine Verstärkung der potenziellen Nebenwirkungen (Nierenschädigung, Diabetes, Bluthochdruck, Hautkrebs etc.) Dr. Farker wies nicht nur auf die Wechselwirkungen zwischen verschreibungspflichtigen Medikamenten hin, sondern auch auf solche zwischen unseren Medikamenten und freiverkäuflichen oder Naturheilmitteln (Kein Johanniskraut!). Auch Nahrungsmittel können Medikamentenwirkungen verändern. Hier muss jedem Transplantierten klar sein, dass der Genuss von Grapefruit und grapefruithaltigen Getränken und Nahrungsmitteln wegen starker, unkontrollierter Erhöhung der Medikamentenspiegel verboten ist. Eingenommen werden sollen Medikamente grundsätzlich nur mit Wasser, nicht mit Milch, koffeinhaltigen Getränken, Tees oder Alkohol – all das kann die Wirkung unserer Medikamente verändern.
So sollten auch Patienten, die mit Glucocorticoiden (Kortison) behandelt werden, kein ASS (z.B. Aspirin) einnehmen, um eine erhöhte Blutungsgefahr (z.b. Magenbluten) zu verhindern. Farkers Apell an alle Patienten lautete: Sollen neue Medikamente dazu genommen werden: Immer mit dem Arzt besprechen. Bei jedem Arztbesuch (auch Fachärzte!) den Medikamentenplan dabeihaben.
Frau PD Dr. Gabriele Lehmann Fachärztin für Innere Medizin sprach zum Thema Osteoporose nach Lebertransplantation und erläuterte zunächst den Aufbau und den Stoffwechsel der Knochen. Im Knochen finden ein ständige Auf- und Abbauprozesse statt. Verschiebt sich bei erhöhtem Knochenstoffwechsel das Gleichgewicht in Richtung Abbauprozesse kann es langfristig zu einer Osteoporose, zunächst aber zu einer Osteopathie kommen. Eine Osteoporose ist eine systemische Skeletterkrankung mit unzureichender Knochenfestigkeit, die bei Fortschreiten auch ein erhöhtes Knochenfrakturrisiko birgt. Es ist belegt, das Organtransplantierte häufiger an einer Osteoporose leiden, als die Durchschnittsbevölkerung. Osteoporose wird befördert durch Alkohol, Gallenabflussstörungen (z.B. bei PBC/PSC), chronisch aktive Virushepatitis, aber auch durch Begleiterkrankungen – wie chronische Polyarthritis („entzündliches Rheuma“), Diabetes , durch manche Medikamente (z.B. Kortison, manche Immunsuppressiva) abe rauch durch Untergewicht (BMI<20) je nach Stadium sind erste Therapiebausteine Bewegung, kalziumreiche Ernährung und die Vermeidung von Vitamin D-Mangel . Stets sollte der Vitamin D-Spiegel gemessen werden und bei Unterversorgung zugeführt werden. Erst wenn diese Maßnahmen nicht ausreichen sollten spezielle Medikamente gegeben werden, die individuell auf die Situation des Patienten angepasst werden. Die gute Nachricht für Patienten: Man kann etwas gegen die beginnende Osteoporose tun – sie sollte nur vor den ersten Brüchen erkannt werden. Deshalb ist die Vorsorge durch die Knochendichtemessung – gerade für Transplantierte - so wichtig.
Jutta Riemer, Vorsitzende, Lebertransplantierte Deutschland e.V. erläuterte die Organspendesituation in Deutschland. Seit 2011 sind die Zahlen der Organspender und somit der Transplantationen um 1/3 zurückgegangen und auch die nun endgültig vorliegenden Zahlen von 2016 sprechen keine freundlichere Sprache. Die Zahl der Menschen, die einen Organspendeausweis besitzen scheint nach der aktuellen Umfrage der BZgA anzusteigen: Ca. 30 % der Deutschen sind das inzwischen. Dazu kommen die 28%, die sich zwar entschieden haben, aber ihre Meinung nicht in einem Organspendeausweis dokumentiert haben. Während die Einstellung der Bevölkerung eher positiv zur Organspende ist, lässt die Tatsache aufhorchen, dass die organspendespezifischen Kontakte der Krankenhäuser zur DSO weiterhin auch 2016 rückläufig waren. Tragisch, denn sind doch genau diese Kontakte der Beginn einer jeden Organspende und Lebensrettung für Wartelistenpatienten. Krankenhäuser benötigen mehr Unterstützung durch die Politik. Riemer mahnte die Umsetzung des Bundesgesetzes (TPG)in allen Ländern an - mit Konkretisierung der Freistellung für Transplantationsbeauftragte für Ihre Tätigkeit sowie Transparenz der Verwendung der für die Organspende bereitgestellten Gelder – immerhin 18Mio pro Jahr! Insgesamt müsse aber eine positive Stimmung für die Organspende in den Spenderkrankenhäusern einziehen. Transplantierte können helfen den Organmangel zu mindern, indem sie in Ihrem Umfeld das Thema immer wieder aufgreifen, sich Patientenverbänden anschließen und dort Aktivitäten helfen. Zum Schluss wurde ein „Danke-Plakat“ für die Intensivstationen der Spenderkrankenhäuser vorgestellt. Mit diesem Plakat kann jeder Teilnehmer den Kontakt zum örtlichen Krankenhaus aufnehmen , sich als Transplantierter vorstellen und so mithelfen die Ärzte und die Pflegenden für Organspende zu sensibilisieren und durch die eigene Anwesenheit die Sinnhaftigkeit der Arbeit für die Organspende aufzeigen.
Fotos und Text: H.-J. Frost und J. Riemer
Lebertransplantierte Deutschland e.V.
Montag - Freitag 9:00 bis 13:00 Uhr
Telefon: 02302/1798991
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