Hochwasserkatastrophe 2021 - Gibt es besondere gesundheitliche Risiken für Transplantierte?

Nach dem „Jahrhunderthochwasser“ 2002 und 2013 wurden 2021 der Südwesten und weiteren Regionen Deutschlands von einer dramatischen Flutkatastrophe heimgesucht. Das immens große Ausmaß der Schäden wird erst nach dem Ablaufen der Wassermassen für alle sichtbar werden. Obwohl in den Katastrophengebieten alle Menschen betroffen sind, bestehen bei den Aufräumarbeiten Gefahren, die sich für verschiedene Personengruppen unterschiedlich ausgeprägt darstellen. Menschen, die aufgrund einer Erkrankung abwehrgeschwächt sind oder nach einer Transplantation immunsuppressive Medikamente einnehmen, sind besonders infektionsgefährdet.

Fäkalien, aber auch Krankheitserreger aus Tierkadavern können sich derzeit überall verbreiten. Zudem können Schadstoffe aus dem Sediment der Flüsse und aus den Böden aufgeschwemmt werden. In überschwemmten Städten und Industrieanlagen können Schadstoffe zusätzlich das Hochwasser kontaminieren. Die Experten sehen aber größere Probleme auf die Bevölkerung zukommen, wenn sie in ihre durchfeuchteten Häuser und Gärten zurückkehren und die dringend notwendigen Aufräumarbeiten durchführen. Das Bundesumweltministerium und andere Bundesbehörden hatten beim „Jahrhundert-Hochwasser“ 2002 bereits darauf hingewiesen, dass nach der Rückkehr der Hochwassergeschädigten in ihre überfluteten Häuser eine erhöhte Infektionsgefahr droht. Bei der Entfernung des Schlamms sollte man Hautkontakt möglichst vermeiden. Dies könnte mit Handschuhen, Gummistiefeln und anschließendem Wechseln der Wäsche erreicht werden. Falls es doch zu einer Kontamination kommt, ist eine gründliche Hautreinigung und Desinfektion zu empfehlen.

Hier einige allgemeine Ratschläge zur Vermeidung von Gesundheitsgefahren

Aufgetauchte Tierkadaver sollen den Behörden gemeldet werden.

  • Wasser aus Leitungen soll weder getrunken noch zur Zubereitung von Speisen, zum Zähneputzen oder zur Körperpflege benutzt werden, solange die örtlichen Behörden nicht Entwarnung gegeben haben.
  • Vom Gebrauch privater Brunnen sollten Hochwasserbetroffene vorerst absehen.
  • Lebensmittel, auch Obst und Gemüse aus dem eigenen Garten, die mit Hochwasser in Berührung gekommen sind, sollten vernichtet werden.

Hintergrund dieser Empfehlungen sind die im Überschwemmungswasser und Schlamm potenziell befindlichen Viren, Bakterien und Parasiten, die vor allem bei immungeschwächten und immunsupprimierten Menschen schwere Krankheitsbilder hervorrufen. Bis zum Ausbruch einer Erkrankung können bis zu 21 Tage vergehen. Fieber, Durchfall, Nervenschäden oder Blutungsneigung gehören u.a. zu den Symptomen. Ältere Bürger, Kranke und Menschen mit geschwächtem Immunsystem sollten daher den Kontakt mit den Fluten und dem feuchten Schlamm vermeiden. Hierdurch soll insbesondere der Übertragung von z.B. Hepatitis A, Typhus und Bakterienruhr vorgebeugt werden. Das Robert Koch- Institut riet seinerzeit nicht zu vorsorglichen Impfungen, mit zwei Ausnahmen: Die Tetanus-Impfung (Wundstarrkrampf) sollte, wenn nötig aufgefrischt werden. (erhöhte Verletzungsgefahr bei Aufräumarbeiten!) Auch eine Hepatitis- A- Impfung sollte im Einzelfall erwogen werden. Die Impfempfehlungen für die Coronaimpfung haben hier besondere Bedeutung und sollten befolgt werden.

Zusammenfassend muss davon ausgegangen werden, dass Transplantierte aufgrund der notwendigen Immunsuppression und immungeschwächte Patienten (z.B. Patienten auf der Lebertransplantations- Warteliste) einer ungleich höheren Infektionsgefahr ausgesetzt sind. Daher muss insbesondere diesen Menschen dringend empfohlen werden, den allgemeinen Empfehlungen zu folgen undAufräumarbeiten zu vermeiden, bei denen ein direkter Kontakt mit kontaminierten Gegenständen unumgänglich ist.

Univ.-Prof. Dr. med. Dr. h. c. Peter Schemmer
Leiter der Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie 
LKH - Universitätsklinikum Graz
Auenbruggerplatz 5/5
A-8036 Graz

Prof. Dr. Dr. h.c. Markus W. Büchler
Ärztlicher Direktor der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie
hirurgische Universitätsklinik Heidelberg
Im Neuenheimer Feld 110
D-69120 Heidelberg 

Eine Information von Lebertransplantiete Deutschland e.V.

Kontakt

Lebertransplantierte Deutschland e.V.
Montag - Donnerstag 10:00 bis 15:00 Uhr 

Telefon: 02302/1798991
Fax: 02302/1798992

E-Mail: geschaeftsstelle(at)lebertransplantation.de

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