Zurück zum Leben - Die Odyssee einer Budd- Chiari- Patientin

"Vor 17 Jahren wurde die Diagnose Budd- Chiari- Syndrom gestellt und ich konnte eigentlich nicht viel damit anfangen!"

Ende des Jahres 1983 - ich war 20 Jahre alt - fühlte ich mich öfters müde und hatte erhöhte Temperatur. Dann litt ich immer häufiger an Übelkeit, die bis zum Erbrechen führte. Da ich kurz vor dem Abschluss meiner Ausbildung zur Steuerfachgehilfin stand, schob ich die Symptome u. a. auf Prüfungsstress. Ich habe sie daher nicht weiter beachtet. Anfang Januar 1984 wurden die Beschwerden dann aber immer größer. Ich habe kaum noch etwas gegessen, mein Bauch wurde aber immer dicker und ich nahm stets an Gewicht zu. Daraufhin bin ich dann endlich zum Arzt gegangen. Nach diversen Untersuchungen stellte sich heraus, dass ich mittlerweile einige Liter Bauchwasser (Aszites) eingelagert hatte und dass einige Blutwerte nicht in Ordnung waren. Die Ultraschalluntersuchung und auch ein CT zeigten, dass die Leber nicht mehr genügend durchblutet wurde. Mein Hausarzt überwies mich mit dem Verdacht auf ein Budd- Chiari- Syndrom (Lebervenenthrombose) in die Uniklinik nach Essen zur genauen Abklärung. Doch erst einmal wollte ich noch die mündliche Prüfung bestehen, dann erst hatte ich Zeit fürs Krankenhaus.

Als ich mit den Unterlagen in Essen ankam, glaubten die Ärzte nicht an die gestellte Diagnose, da sie der Meinung waren, dass dies eine ganz seltene Erkrankung sei und es mir dafür noch zu gut ginge. Doch nach weiteren Untersuchungen wurde die Diagnose bestätigt. Eine Ursache für die Erkrankung wurde dabei jedoch nicht herausgefunden. Es wurde eine medikamentöse Therapie sowohl zur Blutverdünnung als auch zur Ausschwemmung angesetzt. Desweiteren wurde ich auf salzarme Ernährung umgestellt. Nach einigen Wochen war der dicke Bauch wieder weg und ich fühlte mich besser, so dass ich mir weiter keine großen Gedanken gemacht habe. In meinen Augen ging es mir ja nicht schlecht. Nach drei Monaten wurde ich dann auf die Tabletten gut eingestellt, endlich entlassen. Die salzarme Ernährung musste auch bleiben, aber daran gewöhnte ich mich, auch wenn es sicherlich nicht immer ganz leicht war.

Zum ersten Mal das Wort "Lebertransplantation"

Die Leberfunktion war durchaus noch ausreichend. Im September 1984 musste ich dann noch einmal für einige Wochen nach Essen in die Klinik, da ich wieder Wasser eingelagert hatte. Jetzt fiel dann auch bei den Ärzten zum ersten Mal das Wort "Lebertransplantation", die eventuell in ein paar Jahren mal auf mich zukommen könnte, zum damaligen Zeitpunkt aber kein aktuelles Thema war. Also wollte ich mich jetzt auch noch gar nicht damit auseinandersetzen und belasten, das hatte ja noch Zeit.

Da in Essen noch nicht transplantiert wurde, nahmen die Ärzte Kontakt mit der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) auf. So bekam ich dort für den 5. Jan. 85 einen Termin zur stationären Aufnahme. Mittlerweile hatten sich auch Oesophagusvarizen (Krampfadern in der Speiseröhre) gebildet und es sollte in der MHH ein Shunt (Umgehungskreislauf) gelegt werden. Nach einigen Untersuchungen wurde am 28. Jan. 85 eine Anastomose (künstlich geschaffene Verbindung zwischen Blutgefäßen) durchgeführt. Doch nach der Operation trat eine massive Aszitesproduktion auf, so dass am 6. Febr. 85 ein zweiter Shunt gelegt wurde. Dabei kam es dann zum akuten Leberversagen. So erfolgte am 8. Febr. 1985 notfallmäßig die Transplantation. Von all den Zwischenfällen nach den Operationen habe ich nichts mitbekommen. Heute weiß ich nur noch, dass ich aus der Narkose aufgewacht bin und gefragt habe, was denn los sei. Da sagte man mir, dass meine Eltern einer Transplantation zugestimmt hatten und dass dies geschehen sei. Irgendwie war ich erleichtert, dass ich das nun hinter mir hatte.

Wie ein Wunder

Wenn ich heute daran zurückdenke, ist es für mich immer noch ein Wunder, dass innerhalb von 36 Stunden ein passendes Organ gefunden worden ist. Nach dreimonatiger Beatmungszeit, an die ich mich heute nicht mehr erinnern kann, erholte ich mich sehr langsam von den Strapazen der drei Operationen, einer Sepsis und einem Zytomegalie- Infekt (Speicheldrüsen- Viruskrankheit).

Während der ganzen Zeit musste ich viele Rückschläge einstecken, die mich sicherlich auch manches Mal mutlos gemacht haben. Aber Dank der hervorragenden Betreuung durch das gesamte Pflegepersonal und auch der Ärzte, die mir immer wieder Mut machten, ließ ich den Kopf nicht hängen. Auch stand mir meine Familie stets zur Seite, meine Mutter konnte die ganze Zeit bei mir in Hannover bleiben, was sicherlich enorm wichtig war. Alleine hätte ich das alles wohl nicht geschafft. Die Transplantatfunktion war während der ganzen Zeit nicht das Problem.

Ende Juni 1985 wurde ich dann endlich im Rollstuhl zur Reha nach Bad Driburg aus der MHH entlassen. Dort wurde ich dann erst einmal wieder aufgebaut und konnte nach zwölf Wochen endlich nach Hause. Da ich in dieser Klinik die erste lebertransplantierte Patientin war, wurde ich mit "Samthandschuhen" angefasst. Aber ich kann nur sagen, es wurde dort alles für mich getan. Mir ging es inzwischen eigentlich wieder relativ gut. Doch nur drei Wochen nach meiner Entlassung musste ich wieder für drei Monate in die MHH, da einige Blutwerte zum Teil so erhöht waren, dass eine stationäre Kontrolle notwendig wurde. Es hatte sich eine Pfortaderthrombose gebildet. Nach einer erneuten Knochenmarkpunktion wurde ein myeloproliferatives Syndrom festgestellt, d. h. eine erhöhte Produktion von Thrombozyten. Da nun die Angst vor weiteren Thrombosen bestand, bekam ich ein Medikament zur Zerstörung dieser Zellen.

Im Laufe der Zeit erfolgten mehrere stationäre Aufnahmen in der MHH bzw. im dazugehörigen Oststadtkrankenhaus, wo ich mehrmals sklerosiert (Veröden der Varizen) wurde. 1989 wurde ich dann noch einmal operiert.

Es hatte sich ein gutartiger Tumor am Darm gebildet, der entfernt wurde. Seitdem habe ich keine größeren Komplikationen mehr gehabt. Es gibt natürlich immer wieder Schwankungen der Blutwerte und des Befindens. Mittlerweile bin ich wieder berufstätig, seit sieben Jahren verheiratet, treibe Sport, fahre in Urlaub und führe somit ein ganz normales Leben. Abschließend kann ich nur sagen, bei allem was ich durchmachen musste, habe ich riesiges Glück mit allem gehabt und wünsche jedem Betroffenen ebenso viel Glück!

Durch meine Erfahrungen halte ich auch die Arbeit in der Selbsthilfe für eine sehr wichtige und notwendige Sache und hoffe, noch viele Jahre dabeizubleiben.

Kontakt

Lebertransplantierte Deutschland e.V.
Montag - Freitag 9:00 bis 13:00 Uhr 

Telefon: 02302/1798991
Fax: 02302/1798992

E-Mail: geschaeftsstelle(at)lebertransplantation.de

Mitmachen - Mithelfen

Sie möchten Mitglied werden?
Hier gehts zur Beitrittserklärung

Sie möchten unsere Arbeit unterstützen?
Hier können Sie spenden

Mein Ausweis meine Entscheidung