Als wär’s ein Stück von mir

Patiententag, Tag der offenen Tür am Universitätsklinikum Tübingen (UKT)

Unter dem Titel mit jahrelanger Tradition öffnete das Transplantationszentrum des UKT am 23. März 2014 seine Tore und bot ein Vortragsprogramm, das verschiedene Themen rund um die Organspende und -transplantation umfasste und sehr gut besucht war. Ergänzt wurde das Vortragsprogramm durch zahlreiche Informationsstände (einschließlich unserem eigenen) und reichlich dargebotene Snacks. In seinem Tätigkeitsbericht zur Eröffnung der Veranstaltung beklagte Professor Dr. Königsrainer den weiteren Rückgang der Organspenderzahlen in Deutschland im Jahre 2013 und die wenig ermutigenden Aussichten für 2014; das verlorene Vertrauen in die Transplantationsmedizin (ausgelöst durch den Skandal in Göttingen im Jahr 2012 und weitere negative Vorkommnisse, die prominent in den Medien behandelt wurden) sei noch nicht wieder hergestellt und es bestünden Ängste in der Bevölkerung. Dennoch hatte er Erfreuliches von Tübingen zu berichten, wo man Zwei-Jahres-Überlebensraten nach Ltx von >90 Prozent erzielt (im Vergleich zu 60 Prozent im Durschnitt der anderen Zentren). In Tübingen werde stark ergebnisorientiert und interdisziplinär gearbeitet. Man betrachte schlechte Ergebnisse als eine Verschwendung knapper Organe. Professor Königsrainer feiert dieses Jahr sein zehnjähriges Jubiläum in Tübingen, und das Zentrum hat unter seiner Gesamtleitung im letzten Jahr das 1000. Organ transplantiert. Ähnlich positiv war der Bericht von PD Dr. Nadalin, dem leitenden Oberarzt des Tx-Zentrums. Auch er hob zwar den beklagenswerten Zustand der Organspende mit älter werdenden Spendern und abnehmender Organqualität hervor sowie das zunehmende Sterberisiko aufgrund langer Wartezeiten. Dennoch sähe Tübingen im Vergleich zu anderen Zentren gut aus (z.B. Mortalität auf der Ltx-Warteliste 13-14 Prozent im Vergleich zum deutschen Durchschnitt von 23 Prozent). Abhilfe sei zu schaffen durch verstärkte Werbung für Organspende und Lebendspende; bei Nieren würden am UKT 20-40 Prozent Lebendspenden erzielt, bei Lebern knapp zehn Prozent, vorwiegend zugunsten von Kindern. Bei Lebern müsse auch verstärkt auf Split Liver zurückgegriffen werden. Der Schlüssel zum Erfolg liege in der akkuraten Spenderselektion, wobei 85 Prozent der Spendewilligen als ungeeignet auszuschließen seien).

 

Christine Held,Doina Popa undHermann Fraas amInfostand vonLebrtransplantierteDeutschland e.V.

Danach stellte Dr. Springel die Tätigkeit der DSO vor, die mit neuen Strukturen und seit dem 1. April mit einem neuen Medizinischen Direktor (Dr. Rahmel, vormals Eurotransplant) sich mit neuem Elan und größerer Transparenz ihrer Aufgabe der Organvermittlung sowie auch der Steigerung der Organspende widmen möchte. Ministerialrat Fessel vom Ministerium für Arbeit und Soziales in Baden-Württemberg schilderte in einem lebendigen Vortrag die vielseitige Arbeit des Ministeriums zur Schaffung adäquater Rahmenbedingungen für Organspende und –transplantation. U.a. hob er das Aktionsbündnis für Organspende hervor sowie das hervorragende Engagement unserer Vorsitzenden Jutta Riemer. Weitere Höhepunkte seien die Ernennung und Freistellung von qualifizierten Transplantationsbeauftragten und deren Weiterbildung. In einem sehr engagierten Referat betonte Professor Dr. Dr. Wiesing den ethischen Imperativ der Organspende, wiewohl der Gesetzgeber Individualrecht über gesellschaftlichen Nutzen stelle (zu Recht, wie Wiesing betonte). Den Hirntod bezeichnete er – unter ethischen Gesichtspunkten – als das beste Kriterium für eine Organentnahme. Entscheidend sei danach die Organverteilung im Spannungsfeld zwischen Dringlichkeit und Erfolgsaussicht. Oberste Prinzipien müssten dabei sein: Schadensvermeidung und Vermehrung des individuellen Nutzens. Auch die Notwendigkeit der psychologischen Betreuung von Patienten stand auf dem Programm. Dr. Rilk ging allerdings nur auf die Nöte und Ängste vor Transplantation ein, wiewohl er einräumte, dass auch nach Tx ein Beratungsbedarf bestünde. Professor Dr. Nieß hob die vielfältigen Vorteile von körperlicher Aktivität nach Tx hervor zur Vermeidung vielfältiger Nebenwirkungen (wie Diabetes, Osteopenie, metabolisches Syndrom) und zur Wiederherstellung von Muskelkraft und allgemeiner körperlicher Leistungsfähigkeit. Schließlich gab Dr. Petersen eine Übersicht über die Maßnahmen, die seit dem Göttinger Tx-Skandal eingeleitet wurden zur Wiederherstellung von Vertrauen. Interdisziplinäres Vorgehen (Sechs-Augen-Prinzip), Transparenz, Genehmigung von Richtlinien der Bundesärztekammer durch das Bundesgesundheitsministerium, strafrechtliche Ahndung von Verstößen wurden im Besonderen hervorgehoben. Ganz um Schluss hielt Dr. Berg einen schönen Vortrag über die (beinahe revolutionär zu nennenden) Fortschritte in der Hepatitis-C-Therapierung durch Protease- und Polymerasehemmer (sog. DAA = direct acting antiviral agents, direkt antiviral wirkende Agenzien).

Insgesamt war die Veranstaltung wieder sehr gut gelungen. Dafür unser Dank an die Veranstalter und alle Mitwirkenden.

Ulrich R.W. Thumm (Bilder: Jutta Riemer)

eingestellt: 2014-03-24 / Hi

 

2013 Professor Alfred Konogsrainer

2013 Professor Alfred Konogsrainer

2014 Hörsaal

2014 Hörsaal

2014 Stuttgart Tübingen Stand

2014 Stuttgart Tübingen Stand

2014 Pausengespräche

2014 Pausengespräche

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Telefon: 02302/1798991
Fax: 02302/1798992

E-Mail: geschaeftsstelle(at)lebertransplantation.de

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