Rund um das Reisen nach Lebertransplantation

Die häufigste Indikation für die Lebertransplantation stellen chronische Lebererkrankungen dar, d.h. Erkrankungen, die über viele Jahre und Jahrzehnte zu einer deutlichen Einschränkung des Befindens und der Leistungsfähigkeit geführt haben.

Die Lebertransplantation bei den meist noch jungen Patienten kann diesen Zustand schlagartig ändern. Die Lebensqualität und Leistungsfähigkeit bessern sich und es ist verständlich, ja wünschenswert, dass diese Menschen möglichst wieder an allen Aktivitäten des Alltags und der Ferien teilnehmen. Dabei sollte nicht vergessen werden, dass Urlaub und Ferien gerade auch für diese Menschen eine gesundheitsfördernde Wirkung haben. Dem allgemeinen Trend folgend stehen nicht nur Reiseziele in Europa sondern zunehmend auch Flugreisen und Reisen in extremere Klimazonen auf der Wunschliste. Die Aufgabe des Arztes muss es sein, den Patienten hinsichtlich der Vorbereitungen, Vorsichtsmaßnahmen aber auch der möglichen Risiken zu beraten. Der Einzelne kann dann gut informiert seine Entscheidung treffen kann, ob und wie er die gewünschte Reise durchführt.

Verständlicher Weise die erste Frage, die nach der Transplantation gestellt wird, ist die Frage "wann darf ich wieder auf Reisen gehen?".

Die Antwort auf diese Frage muss zwei weitere Aspekte berücksichtigen, zum Einen das "Wohin" und zum Anderen, ob individuelle Gesundheitsstörungen, wie z.B. häufige Abstoßungen oder Infektionen vorgekommen sind. Generell gilt, dass das erste Jahr nach der Transplantation Besonderheiten aufweist, die später entfallen: Die Immunsuppression muss stärker sein, da Abstoßungen in dieser Zeit häufiger auftreten als später, entsprechend ist die Gefahr allgemeiner und spezifischer Infektionen besonders hoch.

In dieser Zeit stehen die Patienten noch unter besonders intensiver ärztlicher Kontrolle, um die abklingenden Folgen der Grunderkrankung und der Transplantation zu überwachen und um Infektionen frühzeitig zu erkennen und zu behandeln. Daraus ergeben sich für den Patienten im ersten Jahr nach der Transplantation größere Einschränkungen hinsichtlich einer Reise als später.

Er sollte sich hier auf nähere Ziele und Länder mit gemäßigtem Klima und ausreichender hygienischer und medizinischer Grundversorgung beschränken. Dies sind vor allem die Länder Europas und Nordamerikas. Vor Flugreisen sollte die allgemeine Reise- und Flugtauglichkeit überprüft werden.

Ist dieses erste Jahr ohne Komplikationen verstrichen, kann der Reiseradius erweitert werden, allerdings bleiben Klimazonen bzw. Länder, deren Besuch auch weiterhin nicht zu empfehlen ist (siehe unten).

Weitere Leitlinien und Vorsichtsmaßnahmen haben sich für Fernreisen bewährt, und es ist empfehlenswert, dass sich insbesondere Patienten nach Lebertransplantation daran halten, wenn sie die gemäßigten Klimazonen verlassen.

Guter Mücken- und Insektenschutz

  • Einreiben unbedeckter Haut mit Moskito abweisenden Mitteln
  • Haut bedeckende Kleidung
  • Aufenthalt in mückensicheren Räumen (Klimaanlage, Fliegengitter)
  • Moskitonetze Moskito (aedes sp.)
  • Aerosole, Verdampfer, Räucherspiralen


Beachte: größte Gefahr vom Einbruch der Dämmerung bis zum frühen Morgen

Nahrungs- und Trinkwasserhygiene

  • Cook it,
  • boil it,
  • peel it
  • or forget it!

d.h. der sicherste Weg, eine Infektion durch Wasser oder Nahrung zu vermeiden, ist die Nahrung oder Wasser zu kochen bzw. Obst/Gemüse zu schälen.

Richtlinien zur Nahrungshygiene
[Verboten]
  • Rohes Fleisch (Tartar) oder roher Fisch (Austern) 
  • Rohe, kalte, abgestandene Speisen, Schinken, Wurst, Salat 
  • Ölige oder fettige Speisen (Mayonnaise, Eier, Sandwiches) 
  • Eiswürfel, Speiseeis, offene Kaltgetränke 
  • In Plastikfolie verpackte Nahrungsmittel

[Bedenklich]
  • Geflügel, Fisch, Meeresfrüchte; Krabben, Krebse 
  • Milchprodukte (Frischmilch, Yoghurt, Käse, Quark 
  • Tiefkühlkost (Kühlkette)

[Empfehlenswert]
  • Alles frisch Gekochte und Gebratene (mageres durchgebratenes Fleisch, Kartoffeln, Nudeln, Reis, Suppen, Bohnen, Erbsen Zwiebeln 
  • Schälbares Obst Tee, Kaffee, fabrikmäßig hergestellte Softdrinks und Mineralwasser Gewürze und Essenzen

Eine sinnvolle Reiseapotheke, die auf Handgepäck und Koffer verteilt wird.

Die Mitnahme von Antibiotika zur Prophylaxe der Reisediarrhoe sollte vom Risiko des entsprechenden Reiseziels abhängig gemacht werden. Als Länder mit geringem Risiko, mit einer Erkrankungswahrscheinlichkeit unter 10% gelten Nordamerika, Nord- und Zentraleuropa, Australasien und Japan. Ein mittleres Risiko (Erkrankungswahrscheinlichkeit 10-25%) besteht in den GUS- Staaten, der Karibik, in Israel, Süd- und Osteuropa, Südafrika und China. Hochrisikogebiete sind der mittlere Osten, Afrika, Südasien, Lateinamerika.

Dauermedikamente in ausreichender Menge, d.h. das Doppelte dessen, was für die geplante Reisedauer notwendig ist:

  • Immunsuppressiva
  • Insulin
  • Herz- Kreislaufmedikamente
  • Antibiotikum gegen Reisediarrhoe, Chinolon

Reisemedizinische Beratung- Impfungen

Wichtig ist, dass Patienten nach Lebertransplantation auch unabhängig von Reisen, die wichtigsten Routineimpfungen bzw. Auffrischimpfungen regelmäßig durchführen lassen. Aufgrund der stärkeren immunsuppressiven Behandlung in den ersten zwölf Monaten nach der Transplantation sind diese allerdings erst nach Ablauf dieser Frist sinnvoll, da vorher ihre Wirksamkeit schlechter ist. Geimpft werden soll generell gegen Polio mit dem Todimpfstoff (nicht Schluckimpfung), Diphterie, Tetanus, Pneumokokken, Hepatitis A und B sowie Influenza. Wenn ein besonderes Risiko vorliegt, sollten zusätzlich Impfungen gegen Meningokokken oder Tollwut durchgeführt werden.

Verboten sind alle Lebendimpfungen, , z.B. Masern, Mumps, Röteln, und Gelbfieber. Hier besteht die Gefahr der schweren Allgemeinerkrankung durch die Impfung selbst. Gegen Gelbfieber gibt es für lebertransplantierte Patienten keinen spezifischen Schutz. Sie müssen, falls sie trotzdem in ein gefährdetes Gebiet einreisen wollen, eine ärztliche Bescheinigung vorlegen, dass Sie aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden können.

Impfempfehlungen

  1. Routineimpfungen: Polio (nur Totimpfstoff (Salk), Diphterie, Tetanus, Pneumokokken, Hepatitis A/B, Influenza
  2. empfohlene Impfungen (nach Risiko): Meningokokken, Tollwut
  3. vorgeschriebene Impfungen: keine, in Ländern mit Vorschrift für Gelbfieberimpfung - Bescheinigung, dass Impfung nicht möglich

Malariaprophylaxe

Zur Wirksamkeit und Verträglichkeit von Antimalariamittel in der Vorbeugung nach Lebertransplantation existieren keine wissenschaftlichen Studien. Veröffentlichungen beschreiben nur die erfolgreiche Therapie von bereits eingetretener Malaria mit Chloroquin (Resochin(), Pyrimethamin/Sulfadoxin (Fansidar() und Primaquin . Bekannt ist außerdem, dass Chinin den Ciclosporin A- Spiegel deutlich senkt.

Was Sie noch beachten sollten:

  1. Keine ungeschützten Intimkontakte
  2. Kein Bad in tropischen Gewässern
  3. Nicht barfuß laufen
  4. Guter Sonnen- und Hitzeschutz: Immunsuppressive Medikamente können zu schweren Hautreaktionen auf eine intensive UV- Bestrahlung führen und erhöhen das Hautkrebsrisiko
  5. Botschaftsadresse, Transplantationsausweis mit Adresse und Telefonnummer des Transplantationszentrums immer mitführen

Reisemedizinische Empfehlung für Menschen nach einer Lebertransplantation orientieren sich an den Empfehlungen für immungesunde Personen und müssen zusätzlich das höhere Infektionsrisiko und die eingeschränkten Möglichkeiten des Schutzes durch Impfung oder Medikamente berücksichtigen.

Hieraus ergibt sich, dass größere und längere Reisen außerhalb Europas und Nordamerikas frühestens ein Jahr nach Transplantation ratsam sind, da dann mit einer stabilen Organfunktion, einer besseren Immunlage und einer besseren Wirksamkeit notwendiger Impfungen gerechnet werden kann.

Es empfiehlt sich, die Reise zusammen mit dem behandelnden Arzt gut vorzubereiten. Reisen in die Tropen bleiben auch weiterhin mit einem erhöhten gesundheitlichen Risiko behaftet, da z.B. eine Gelbfieberimpfung nicht möglich ist und zur Wirksamkeit und Verträglichkeit der Malariaprophylaxe nach Lebertransplantation derzeit zu wenig Daten vorliegen.


PD Dr. T. Peters
Medizinische Universitätsklinik Freiburg
Abteilung Gastroenterologie/Hepatologie/Endokrinologie
Hugstetterstr. 55
D-79106 Freiburg