Lebertransplantation bei alkohol- toxischer Leberzirrhose

Einer der häufigsten Gründe für die Entstehung einer Leberzirrhose ist der übermäßige Genuss von Alkohol.

Allerdings kann eine sogenannte äthyl- toxische Leberzirrhose bei manchen Patienten auch schon durch relativ geringe Mengen Alkohol entstehen. Dies liegt einerseits daran, dass es zum Teil erhebliche Unterschiede gibt, wieviel Alkohol die Leber eines Menschen entgiften kann - die Leber von Frauen kann bekanntlich weitaus weniger Alkohol vertragen als die eines Mannes, da die Kapazität des den Alkohol abbauenden Enzymes, der sogenannten Alkoholdehydrogenase, deutlich niedriger ist - andererseits ist vielfach Alkohol nicht die einzige Leber schädigende Ursache. Häufig liegen bei den Patienten zusätzliche, oftmals bis dahin auch nicht bekannte Leberschädigungen vor, wie beispielsweise eine unerkannte infektiöse Hepatitis, so dass in Verbindung mit dieser Vorerkrankung die Entwicklung einer Leberzirrhose durch Alkohol weitaus schneller als bei einer nicht vorgeschädigten Leber voranschreiten kann.

Die äthyltoxische Leberzirrhose unterscheidet sich nicht wesentlich von einer durch andere schädigende Noxen, wie beispielsweise Hepatitis B oder C, hervorgerufenen Leberzirrhose. Je nach Fortschreiten der Erkrankung kommt es zu einem völligen narbigen Umbau der gesamten Leber, wodurch die typische höckrige Oberfläche der zirrhotischen Leber bedingt ist. Als Folge des narbigen Umbaus wird der Blutfluss durch die Leber beeinträchtigt, weshalb es zu einer Blutstauung vor der Leber kommt. Dies führt zum Anschwellen der Milz (Splenomegalie) und zur Ausbildung von venösen Umgehungskreisläufen (Kollateralkreisläufen; siehe Abbildung).

Diese sind teilweise in der Bauchhaut als große Venen sichtbar (sogenannte Caput medusae, 6), die häufigsten und wichtigsten Kollateralkreisläufe führen jedoch durch die Speiseröhre und den Magen und können dort sehr kräftige Krampfadern ausbilden (sogenannte Ösophagus (1) - bzw. Fundusvarizen, 2). Diese Varizen stehen teilweise unter sehr starkem Druck und können daher platzen und zu massiven Blutungen mit Bluterbrechen führen. Diese Varizenblutungen können lebensbedrohlich sein und bedürfen nahezu immer einer sofortigen Therapie zur Blutstillung. In aller Regel erfolgt diese Behandlung auf endoskopischem Wege, wobei die Krampfadern meistens unterspritzt und verödet (sklerosiert) oder mit Gummiringen abgeschnürt (ligiert) werden. Nur in sehr seltenen und dann äußerst schwierigen Fällen ist eine Operation zur Behandlung der Varizenblutung unumgänglich.

Einschränkung der Funktion

Die Funktion der zirrhotischen Leber ist je nach Stadium mehr oder weniger eingeschränkt. Dies führt dazu, dass die Eiweißproduktion der Leber deutlich nachlässt, weshalb es zu einem Abbau der körpereigenen Eiweiße (Proteine) kommt. Der an einer Leberzirrhose erkrankte Patient verliert daher nach und nach seine Muskelmasse und entwickelt eine Muskeldystrophie. Auch die Bildung von Eiweißen, die für die Blutgerinnung notwendig sind, ist in der zirrhotischen Leber zu gering. Da es zudem durch die häufig vorliegende Milzvergrößerung auch noch zu einem vermehrten Abbau der ebenfalls für die Blutgerinnung wichtigen Blutplättchen (Thrombozyten) kommt, sind Patienten, die an einer Leberzirrhose leiden, in erheblichem Maße blutungsgefährdet.

Durch die bereits erwähnten Umbauvorgänge der Leber und die zu geringe Eiweißproduktion kann es zu einer vermehrten Einlagerung von Wasser in den Körper kommen. Neben Wassereinlagerungen in den Beinen bzw. Knöchel ist das Auftreten von Bauchwasser (Aszites) ein typisches Zeichen für eine bereits deutliche Leberzirrhose. Je nach Ausprägung der Zirrhose kann es dabei zur Ansammlung beträchtlicher Mengen Aszites (teilweise bis zu 20 Litern) kommen. Zudem kann es im Verlauf der Erkrankung zu einer verminderten Entgiftung von Ammoniak, welches beim Abbau von Eiweißen im Darm entsteht, durch die Leber kommen.

Dies führt - in Kombination mit weiteren Defiziten der Entgiftungsfunktion - zu den für einen Leberzirrhotiker typischen Anzeichen wie verstärkte Müdigkeit bis hin zum Koma (hepatische Enzephalopathie) und Muskelzittern (Tremor). Ebenso wie bei einer Leberzirrhose, die durch Hepatitis B oder C entstanden ist, so geht auch die äthyltoxische Lbeberzirrhose mit einem gesteigerten Risiko für die Entwicklung von Leberkrebs (primäres Leberzellkarzinom = Hepatozelluläres Karzinom) einher.

Therapie

Die wichtigste therapeutische Maßnahme bei einer äthyltoxischen Lebererkrankung ist absolute Alkoholkarenz (= Enthaltsamkeit). Allein hierdurch ist bei sehr vielen Patienten eine Stabilisierung der Leberfunktion möglich, insbesondere dann, wenn noch keine vollständige Leberzirrhose vorliegt. Liegt jedoch das Endstadium einer Leberzirrhose vor, so kann letztlich nur eine Lebertransplantation zur Heilung führen.

Dies trifft auch dann zu, wenn die zirrhotische Leber zusätzlich von einem (allerdings nur kleinen) hepatozellulären Karzinom befallen ist. Bevor eine Lebertransplantation wegen einer äthyltoxische Zirrhose vorgenommen werden sollte, müssen jedoch weitere, ebenfalls durch den Alkohol hervorgerufene Begleiterkrankungen ausgeschlossen bzw. in ihrer Ausprägung abgeklärt werden.

Dies betrifft in erster Linie eine durch Alkohol ausgelöste Schädigung der Herzmuskulatur (sog. dilatative Kardiomyopathie), die zu einer mehr oder weniger starken Beeinträchtigung der Pumpleistung des Herzens bis hin zum Herzversagen führen kann. Eine weitere Folge des gesteigerten Alkoholkonsums ist die Entwicklung einer Bauchspeicheldrüsenentzündung. In Gegenwart einer akuten Bauchspeicheldrüsenentzündung (akute Pankreatitis) darf eine elektive, das heist eine nicht notfallmäßige, sondern geplante Lebertransplantation nicht durchgeführt werden, da hierbei das operative Risiko für den Empfänger rapide gesteigert wäre.

Dagegen stellt die chronische Pankreatitis keine KontraindikationDeutsch Gegenanzeigen. Umstände, bei denen die Behandlung nicht angewendet werden darf. für eine Lebertransplantation dar. Allerdings sollte das Vorliegen einer chronischen Pankreatitis und gegebenenfalls auch der Grad der Ausprägung bzw. die Einschränkung der Bauchspeicheldrüsenfunktion (wie beispielsweise Störungen der Fettverdauung oder aber auch Auftreten eines Diabetes mellitus) zum Zeitpunkt der Transplantation bekannt sein.

Voraussetzung: Kein Alkoholkonsum

Die wichtigste und zugleich auch unverzichtbare Voraussetzung für eine erfolgreiche Lebertransplantation ist allerdings, dass der Patient mindestens ein halbes Jahr vor der Transplantation strikte Alkoholkarenz eingehalten hat und diese auch glaubhaft für die Zeit nach erfolgter Transplantation beibehalten wird.

Eine kürzere Zeit der Alkoholkarenz vor einer Lebertransplantation ist nicht akzeptabel, da hierbei das Risiko für einen Rückfall und damit auch für einen Verlust der transplantierten Leber signifikant erhöht ist. Da bei vielen Patienten familiäre, berufliche oder gesellschaftliche Umstände zur Alkoholkrankheit geführt oder zumindest mit dazubeigetragen haben, müssen diese Probleme vor einer Transplantation angesprochen und ausgeräumt sein.

Hierzu ist eine psychologische und psychotherapeutische Betreuung hilfreich und unbedingt empfehlenswert. Es ist unumgänglich, dass der zu einer Lebertransplantation anstehende Patient psychisch stabil ist und ein solides soziales Umfeld besitzt. Nur so wird es dem Patienten möglich sein, die nach der Transplantation für einen erfolgreichen Langzeitverlauf notwendigen regelmäßigen Medikamenteneinnahmen und Verlaufskontrollen zuverlässig wahrzunehmen.

Sind alle diese Anforderungen erfüllt und liegt eine zuverlässige Alkoholkarenz für mindestens sechs Monate vor, so geht die Lebertransplantation bei äthyltoxischer Zirrhose mit ausgezeichneten Resultaten einher. Die 5- Jahres- Überlebensrate liegt dabei zum Teil deutlich über 90% und damit noch über den Ergebnisse der Transplantation wegen Leberzirrhosen anderer Ursachen. Liegen zudem stabile familiäre, berufliche und gesellschaftliche Umstände vor, so bedeutet die Lebertransplantation für diese Patienten nicht nur eine Lebensverlängerung, sondern vielmehr auch einen neuen Lebensbeginn.


Priv.- Doz. Dr. Hauke Lang, Prof. Christoph E. Broelsch
Klinik und Poliklinik für Allgemein- und Transplantationschirurgie, Universitätsklinikum Essen
Hufelandstr. 55
45122 Essen

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