Die INCA-Studie - Eine deutschlandweite Studie zur gezielten Verbesserung der Behandlung von Patienten mit Leberzirrhose und hohem Infektionsrisiko
Patienten mit fortgeschrittenem narbigem Umbau der Leber (Leberzirrhose), der Endstrecke aller chronischen Leberkrankheiten, sind besonders durch Infektionen gefährdet. Die Patienten haben ein 10-fach erhöhtes Risiko, bakterielle Infektionskrankheiten zu erleiden und an diesen zu versterben. Eine besonders häufige und gefährliche Komplikation ist die Infektion des Bauchwassers (Aszites), die als spontan bakterielle Peritonitis (SBP) oder „nasse Bauchfellentzündung“ bezeichnet wird.
Risikofaktoren für Infektionen bei Leberzirrhose
In einer im Jahr 2010 durchgeführten Studie konnten Frau Dr. Appenrodt und Prof. Lammert nachweisen, dass bestimmte Genvarianten das Risiko für die Entstehung der spontan bakteriellen Peritonitis entscheidend mitbestimmen. Die Untersuchungsergebnisse wurden in der führenden Zeitschrift unseres Fachgebiets (HEPATOLOGY) veröffentlicht. Das wichtigste Gen wird NOD2 (nucleotide-binding oligomerisation domain 2) genannt. NOD2 ist ein Molekül, das eine entscheidende Rolle bei der Immunabwehr im Darm spielt. Drei Risikovarianten des NOD2-Gens sind mit einer erhöhten Infektionsrate des Bauchwassers verbunden, da die Einwanderung von Bakterien aus dem Darm in den Aszites begünstigt wird.
Patienten, die bereits einmal eine Infektion des Bauchfells erlitten haben, profitieren von einer anschließenden vorbeugenden (prophylaktischen) antibiotischen Behandlung mit dem Antibiotikum Norfloxacin. Dieses Antibiotika wirkt nur im Darm und wird nicht in den Körper aufgenommen. Hierdurch kann das erneute Auftreten einer Bauchfellentzündung verhindert und das Überleben der Patienten mit Leberzirrhose verbessert werden. Eine generelle prophylaktische Behandlung aller Patienten mit Leberzirrhose und Aszites wird bisher noch nicht empfohlen, da hierzu bisher keine Studienergebnisse vorliegen.
In der Allgemeinbevölkerung tragen 7% der Menschen eine NOD2-Genvariante. Im Rahmen der diesjährigen Jahrestagung der Deutschen Arbeitsgemeinschaft zum Studium der Leber (GASL) in Essen wurde eine Arbeit präsentiert, in der die Mitarbeiter von Prof. Lammert erstmals die Häufigkeit der Genvarianten bei Patienten mit Leberzirrhose untersucht haben. Hier konnte gezeigt werden, dass die Varianten bei Patienten mit Leberzirrhose deutlich häufiger nachgewiesen werden können: Jeder fünfte (20%) trägt eine der NOD2-Genvarianten und hat damit ein erhöhtes Infektions- und Komplikationsrate.
INCA-Studie für Patienten mit Leberzirrhose und Aszites
In der deutschen INCA-Studie wird derzeit untersucht, ob die Patienten mit Leberzirrhose, die aufgrund der NOD2-Risikovarianten ein hohes Risiko haben, eine Bauchfellentzündung zu erleiden, von einer prophylaktischen antibiotischen Therapie profitieren. Ziel der INCA-Studie ist es, durch eine "präzisere Therapie", die die Risikogene berücksichtigt, das Überleben von Patienten mit Leberzirrhose zu verlängern.
Der abgekürzte Studientitel INCA steht für die englische Übersetzung des Studiennamens: Impact of NOD2 genotype-guided antibiotic prevention on survival in patients with liver cirrhosis and ascites. Die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Studie wird deutschlandweit an aktuell mehr als großen Leberzentren durchgeführt, und federführend von Prof. Lammert, dem Direktor der Klinik für Innere Medizin II des Universitätsklinikums des Saarlandes, koordiniert.
In die Studie können deutschlandweit 186 Patienten mit Leberzirrhose eingeschlossen werden. Die Hälfte hiervon erhält das Antibiotikum Norfloxacin, die andere Hälfte ein identisch aussehendes Placebo für 1 Jahr. Im Rahmen der INCA-Studie erfolgen regelmäßige Vorstellungen im Leberzentrum. Sonstige belastende oder risikobehaftete Maßnahmen sind nicht erforderlich. Weder Patienten noch Ärzte wissen, wer welches Präparat erhält.
Der Studienablauf ist in Abbildung 1 schematisch dargestellt. Die wichtigsten Ein- und Ausschlusskriterien sind in Tabelle 1 zusammengefasst. Das in der Studie eingesetzte Medikament Norfloxacin wird bereits langjährig bei Patienten mit Leberzirrhose, die bereits Infektionen erlitten haben, eingesetzt und ist sehr gut verträglich.
Da momentan noch bis zu 50% der Todesfälle von Patienten auf der Transplantations-Warteliste auf Infektionen zurückzuführen sind, ist die INCA-Studie ein wichtiger Ansatz zur Verbesserung der Versorgung chronisch Leberkranker. Sollten Sie selbst an einer fortgeschrittenen Lebererkrankung leiden oder als Arzt solche Patienten betreuen, so können Sie bei Interesse gern mit der Studienzentrale in Homburg oder direkt mit einem Ansprechpartner an einem nahe gelegenen Studienzentrum (Tabelle 2) Kontakt aufnehmen. In einem persönlichen Gespräch kann dann festgelegt werden, ob eine Vorstellung an einem Studienzentrum mit Prüfung der Möglichkeit einer Studienteilnahme sinnvoll ist. Diese vorbereitenden Untersuchungen sind für die Patienten nicht belastend und risikolos. Für Fragen zur INCA-Studie können Sie Prof. Lammert oder Dr. Casper in der Studienzentrale unter der u.a. Kontaktadresse auch direkt kontaktieren.
Alle Patienten mit Leberzirrhose und Bauchwasser (Aszites), auch in der Vorgeschichte, können für die Studie evaluiert werden. Wichtigste Ausschlusskriterien sind eine aktuelle oder stattgehabte spontan bakterielle Peritonitis (SBP) und das Fehlen einer NOD2-Variante. Patienten, die alle Kriterien erfüllen, werden einem der beiden Studienarme zugeteilt (randomisiert).
Einschlusskriterien |
Ausschlusskriterien |
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· Dauerhafte Antibiotikaprophylaxe unabhängig von der Indikation |
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· Kontraindikationen gegen Medikament |
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· Gleichzeitige Teilnahme an einer anderen klinischen Prüfung |
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· Vorliegende oder geplante Schwangerschaft |
Stadt |
Klinik |
Kontakt |
Homburg/Saar |
Klinik für Innere Medizin II |
Dr. med. M. Casper |
Aachen |
Medizinische Klinik III |
PD Dr. P. Strnad |
Bonn |
Medizinische Klinik und Poliklinik I |
Prof. Dr. med. J. Trebicka |
Frankfurt am Main |
Medizinische Klinik I |
PD Dr. med. T. Welzel |
Freiburg |
Klinik für Innere Medizin II |
PD Dr. med. C. Neumann-Häfelin |
Halle |
Universitätsklinik und Poliklinik für Innere Medizin I |
PD Dr. med. A. Zipprich |
Hamburg |
I. Medizinische Klinik |
Dr. med. J. Kluwe |
Heidelberg |
Innere Medizin IV |
Dr. med. A. Pathil-Warth |
Jena |
Klinik für Innere Medizin IV |
Dr. med. T. Bruns |
Kaiserslautern |
Klinik für Innere Medizin 3 |
Prof. Dr. med. J. Rädle |
Leipzig |
Klinik und Poliklinik für Gastroenterologie |
Dr. med. A. Herber |
Mainz |
I. Medizinische Klinik und Poliklinik |
PD Dr. med. M. A. Wörns |
Mannheim |
II. Medizinische Klinik |
Dr. C. Antoni |
Würzburg |
Medizinische Klinik und Poliklinik II |
Dr. med. J. Weis |
Studienzentrale der Klinik für Innere Medizin II
Universitätsklinikum des Saarlandes
Kirrberger Straße 100
66421 Homburg
Tel: 06841-16-23588
Fax: 06841-16-23583
Prof. Dr. Frank Lammert
frank.lammert(at)uks.eu
Dr. Markus Casper
markus.casper(at)uks.eu
Lebertransplantierte Deutschland e.V.
Montag - Freitag 9:00 bis 13:00 Uhr
Telefon: 02302/1798991
Fax: 02302/1798992
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