Aszites

Eine bedeutsame und für den Patienten belastende Komplikation der fortgeschrittenen Leberzirrhose ist die Ansammlung von Flüssigkeit in der freien Bauchhöhle zwischen den Organen. Dieses "Bauchwasser" wird als "Aszites" bezeichnet. Im folgenden soll auf die wichtigsten Aspekte der Entstehung, der Behandlung und der möglichen Komplikationen des Aszites und seiner Therapie eingegangen werden.

Wie entsteht Aszites? Welche Faktoren sind dafür verantwortlich?

Damit es überhaupt zum Auftreten von Aszites kommen kann, müssen zwei Vorbedingungen erfüllt sein:

  • Es muss bereits eine Leberzirrhose vorliegen. Die Funktion der Leber ist bereits deutlich eingeschränkt.
  • Es muss ein Pfortaderhochdruck vorliegen, d.h., der Blutstrom vom Magen-Darmtrakt durch die Leber muss reduziert sein. Es liegen Umgehungskreisläufe vor. Deshalb haben solche Patienten auch ein erhöhtes Risiko anderer Komplikationen des Pfortaderhochdruckes wie z.B. einer Varizenblutung (Informationen dazu in dem Faltblatt "Ösophagusvarizen").

Wenn diese beiden Vorbedingungen erfüllt sind, kann es aufgrund einer komplizierten Regulationsstörung dazu kommen, dass die Nieren des Patienten Kochsalz und Wasser nicht adäquat ausscheiden, sondern im Körper zurückhalten. Dieses Wasser wird dann in die Bauchhöhle abgesondert. Nicht selten treten aber auch gleichzeitig in den Beinen Wasseransammlungen auf (sog. "Ödeme").

Was sind die Symptome und Beschwerden bei Aszites?

Geringe Aszitesmengen werden nicht bemerkt. Bei größeren Wasseransammlungen kommt es zu Gewichtszunahme bei eher geringerer Nahrungszufuhr, Zunahme des Bauchumfanges und begleitenden Beschwerden wie Appetitlosigkeit und Atemnot bei Belastung. Ein bedrohliches Symptom ist das Auftreten von Fieber oder Bauchschmerzen bei Aszites (s. unten).

Wann muss ein Aszites behandelt werden?

Kleine Wasseransammlungen, die lediglich bei einer Ultraschalluntersuchung auffallen und sich nicht verändern, müssen nicht therapiert werden. Jeder klinisch bereits sichtbare und jeder zunehmende Aszites ist behandlungsbedürftig.

Wie wird Aszites behandelt?

Das Prinzip der Aszitestherapie lässt sich in einem Satz zusammenfassen: Es muss eine negative Kochsalz- und Wasserbilanz erreicht werden, d.h., der Patient muss mehr Kochsalz und Wasser ausscheiden als er zuführt. Sofern die Kochsalzbilanz negativ gehalten wird, geschieht die Wasserausscheidung "von selbst". Das mit der Niere ausgeschiedene Kochsalz nimmt dann das Wasser mit. Eine Einschränkung der Flüssigkeitszufuhr ist dann nicht erforderlich. Damit gibt es drei Behandlungsmöglichkeiten:

Durch Diät


Dazu muss die Salzzufuhr radikal reduziert werden. Es muss komplett ungesalzen gekocht werden, es darf auch nicht zugesalzen werden. Kochsalz haltige Lebensmittel (z.B. bestimmte Käse- und Wurstsorten, Fertiggerichte) müssen gemieden werden. Problem dieser Diät ist der fade Geschmack, der nicht von allen Patienten ertragen wird. Falls dadurch die Nahrungszufuhr zu stark eingeschränkt wird, muss die Diät allerdings gelockert werden.

Durch Medikamente


Es werden Präparate eingesetzt, die die Kochsalz- und Wasserausscheidung über die Niere steigern. Wirksamstes Medikament ist Spironolacton (z.B. Aldactone®). Es wird meistens mit einem zweiten Medikament (Furosemid = z.B. Lasix®) kombiniert. Man beginnt mit niedrigen Medikamentendosen, die unter ärztlicher Aufsicht gesteigert werden. Wichtig ist, dass der Aszites nur langsam ausgeschwemmt werden darf (täglicher Gewichtsverlust nicht mehr als 500-750 g!).

Durch Punktion des Aszites


Unter Ultraschallsicht wird an einer geeigneten Stelle punktiert. So können mehrere Liter (bis 20 l) Aszites auf einmal entfernt werden. Damit der Kreislauf durch den raschen Flüssigkeitsverlust nicht belastet wird, muss gleichzeitig eine konzentrierte Eiweißlösung infundiert werden.

Wenn es gelingt, die Ursache einer Leberkrankheit zu behandeln (z.B. Alkohol weglassen, Therapie einer Hepatitis), kann sich auch der Aszites bessern.

Welche Komplikationen können durch die Therapie eines Aszites auftreten?

Eine Behandlung nur durch kochsalzarme Kost ist frei von Nebenwirkungen. Die Gefahr der entwässernden Medikamente liegt in einer zu hohen Dosierung. Es kann dann zu einer Funktionsstörung der Nieren bis hin zum Nierenversagen oder zu Störungen im Mineral- und Salzhaushalt des Körpers kommen. Die entsprechenden Laborwerte müssen daher kontrolliert werden. Durch zu hohe Dosierung entwässernder Medikamente kann eine schleichende Funktionsstörung des Gehirns (portosystemische Enzephalopathie) verschlechtert werden.

Die therapeutische Aszitespunktion ist bei korrekter Durchführung sehr sicher. Seltene Komplikationen sind Blutungen an der Einstichstelle. Eine relevante Organverletzung durch die Nadel ist extrem selten.

Welche Komplikationen des Aszites müssen beachtet werden?

Die Belastung durch das große Volumen und Gewicht des Wassers ist vor allem subjektiv unangenehm. Gefährlich ist die sogenannte spontane bakterielle Peritonitis (SBP). Dabei kommt es ohne Verletzung zum Übertritt von Darmbakterien in den Aszites, wo sie sich optimal vermehren können. Die Symptome sind anfangs oft schleichend: Diffuse Bauchschmerzen, Fieber (manchmal nur gering), Zunahme einer portosystemischen Enzephalopathie. Unbehandelt verläuft die SBP meistens tödlich. Diese Patienten brauchen ärztliche Behandlung. Die Diagnose kann durch eine Probepunktion des Aszites gesichert werden. Die Therapie besteht in der Gabe von Antibiotika.

Prof. Dr. med. Michael Scheurlen
Medizinische Poliklinik der Universität Würzburg

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Aszites - 9. Auflage 11/15