Hausarzt droht Patienten aus Gößweinstein mit der Polizei – und rettet ihm so das Leben

Bericht von Thomas Weichert / Fränkischen Tag und Nürnberger Nachrichten vom 10. September 2023

GÖSSWEINSTEIN - An dem Morgen, an dem er nach einer Acht-Stunden-Operation wieder aufwacht, sagt der heute 60-jährige Frank Sobisch aus Gößweinstein: „Heute ist der erste Tag vom Rest meines Lebens.“ Wir erzählen seine Geschichte, die beinahe schlimm geendet hätte.

Sobisch hatte eine neue Leber bekommen. Er möchte seine Lebensgeschichte erzählen, um anderen Menschen Mut zu machen, in einer ähnlichen Situation nicht aufzugeben. Außerdem will er für die Organspende werben. Seit drei Jahren engagiert er sich im Verein "Lebertransplantierte Deutschland".

Dass der einstige Faschingsprinz noch lebt, grenzt an ein Wunder

Dass Frank Sobisch, der aus Sachsen stammt und seit 29 Jahren in Gößweinstein wohnt, noch lebt, grenzt an ein Wunder. Seine Frau und er wohnen in einem Häuschen und führten ein ganz normales Leben. Zweimal war Sobisch Gößweinsteiner Faschingsprinz und gründete die Faschingsgesellschaft "Heiligenstädter Stadtschnecken" mit. Der Name "Stadtschnecken" ist auch von ihm. Beide engagierten sich bei der Feuerwehr Gößweinstein, wo sie heute noch Fördermitglieder sind und bei Festen im Ausschank oder an der Kaffeetheke mithelfen.

Es war der 28. April 2016, an dem sich das ganz normale Leben des Berufskraftfahrers schlagartig ändern sollte. Er wurde krank und erhielt die Diagnose "Leberzirrhose im fortgeschrittenen Stadium". Dass er noch lebt, hat er auch seinem Gößweinsteiner Hausarzt und Internisten Stefan Bauernschmitt zu verdanken. Als er zu ihm in die Sprechstunde kam, war er schon ganz gelb im Gesicht. Der Arzt handelte sofort und schickte ihn umgehend in die Sana-Klinik nach Pegnitz.

Der Hausarzt droht mit einem Anruf bei der Polizei und rettet Frank Sobisch so das Leben

Sobisch protestierte noch, er müsse erst noch seinen LKW zu seiner Firma nach Sachsen fahren. Der Arzt bestand darauf, dass er sofort ins Krankenhaus fahre. Sonst würde er die Polizei rufen, weil es unverantwortlich wäre, wenn Sobisch in diesem Zustand noch Lastwagen fahre, habe der Arzt gesagt.

In Pegnitz erklärten die Ärzte Sobisch, dass sein Zustand sehr ernst sei und er dringend eine neue Leber benötige. Andernfalls hätte er nur noch eine begrenzte Zeit zu leben. "Für mich und meine Familie brach eine Welt zusammen", sagt Sobisch, der selbst schon seit 1991 einen Organspendeausweis hat. Und plötzlich war er selbst auf eine Organspende angewiesen. Er habe sich zwar mit dem Thema Organspende schon immer befasst, aber wie es ist, wenn man plötzlich selbst ein neues Organ braucht, sei eine völlig neue Situation gewesen.

Von den Ärzten wurde er zwar aufgeklärt, aber dennoch bleiben viele Fragen offen. Zusammen mit seiner Frau habe er das Internet durchforstet und so sei er durch puren Zufall zu einer Telefonnummer der Uniklinik in Regensburg gekommen, wo man auf Lebertransplantationen spezialisiert ist. Zeitnah erhielt er dann einen Termin bei einem Professor.

"Die Hoffnung auf ein neues Leben war wieder da"

"Wir wussten nun aber auch, dass das Warten auf ein Organ lange dauern kann. Aber die Hoffnung auf ein neues Leben war wieder da", sagt Sobisch. Es folgten mehrere Untersuchungen und er kam schließlich auf die Warteliste. In den folgenden Jahren kam es zu zahlreichen Krankenhausaufenthalten, nicht selten stand der Rettungswagen vor der Haustür. "Die Krankheit zeigte eben auch ihre unschönen Nebenwirkungen", so Sobisch.

Am 20. August 2022 kam um 10.45 Uhr, nach einer Wartezeit von sechs Jahren, der lang ersehnte Anruf. Er kann sich noch genau an den Wortlaut erinnern: "Herr Sobisch, wir haben ein Spenderorgan für Sie, bitte kommen Sie sofort in die Uniklinik nach Regensburg." Nach acht Stunden OP wachte er am nächsten Morgen aus der Narkose auf der Intensivstation wieder auf. "Ich war zwar zu diesem Zeitpunkt noch an den ganzen Geräten angeschlossen, aber ich war wach und es ging mir, den Umständen entsprechend, ganz gut", erinnert sich Sobisch. Und ergänzt: "Das war der erste Tag vom Rest meines Lebens." Das war von nun an sein neues Lebensmotto.

Gesundheitlich ging es ihm dann von Tag zu Tag besser. Er konnte wieder Dinge tun, die jahrelang nicht möglich waren, weil die Kondition und die Kraft dafür oft gefehlt hatten. "Heute, ein Jahr nach der Transplantation, kann ich nur Danke sagen. Danke an meine Frau und meine Kinder, die stets an meiner Seite waren. Danke den Ärzten und ganz besonders Danke dem Menschen, der mir das Leben gerettet hat. Dem Menschen, der sich zu Lebzeiten entschieden hat, seine Organe zu spenden."

Jeden Tag sterben drei Menschen in Deutschland, weil ihnen ein Spenderorgan fehlt

Noch tun das zu wenige Menschen in Deutschland. Täglich sterben drei Menschen, die auf einer Warteliste stehen. 82 Prozent der Bundesbürger stünden der Organspende zwar positiv gegenüber, aber nur 39 Prozent besitzen einen Organspendeausweis. "Nicht nur ich finde, es ist höchste Zeit, hier was zu ändern", sagt Sobisch. Er plädiert für die Einführung der Widerspruchsregelung, wie sie in den meisten Ländern Europas schon gelte. Für ihn geht es dabei nicht darum, die Menschen zu einer Organspende zu zwingen, sondern es gehe vielmehr darum, die Menschen dazu zu bewegen, einmal in ihrem Leben eine Erklärung abzugeben, ihre Organe im Falle ihres Todes zu spenden oder eben nicht. 2022 seien in Deutschland 734 Menschen verstorben, weil sie kein Spenderorgan erhielten.

Frank Sobisch ist seit der Transplantation Frührentner. Alle zwölf Stunden muss er Medizin einnehmen und jede Woche muss er noch zur Blutprobe. Alkohol ist für ihn absolut tabu und einige Dinge wie Grapefruit oder Softeis darf er nicht mehr essen. Am 6. November muss er wieder auf Reha. "Wichtig ist, dass man nie aufgibt", sagt er. In seinem Garten zieht er sein Gemüse selbst, hilft sonntags ehrenamtlich im Tourismusbüro aus und gibt den Gästen Tipps. "Es ist ganz wichtig, immer etwas zu tun zu haben", so Sobisch. Organspendeausweise bekomme man beim Hausarzt, der Krankenkasse, bei der Gemeinde und auch bei ihm. Auch Menschen, die sich für dieses Thema interessieren, oder selbst betroffen sind, können sich gerne bei Frank Sobisch melden. Er ist erreichbar per E-Mail an frank_sobisch(at)t-online.de oder unter Telefon (0174) 3287127.

Bilder: © Thomas Weichert, Nürnberger Nachrichten

Frank Sobisch aus Gößweinstein im Krankenhaus

Frank Sobisch aus Gößweinstein im Krankenhaus

In seinem Garten aber auch in seiner Heimatgemeinde Gößweinstein findet Frank Sobisch Erfüllung und die notwendige Ruhe.

In seinem Garten aber auch in seiner Heimatgemeinde Gößweinstein findet Frank Sobisch Erfüllung und die notwendige Ruhe.

Kontakt

Lebertransplantierte Deutschland e.V.
Montag - Donnerstag 10:00 bis 15:00 Uhr 

Telefon: 02302/1798991
Fax: 02302/1798992

E-Mail: geschaeftsstelle(at)lebertransplantation.de

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