30 Jahre geschenktes Leben – Ich sage DANKE an meinen Organspender

PSC (Primär Sklerosierende Cholangitis, Autoimmunerkrankung der inneren und äußeren Gallenwege) so lautete, nach 5 Jahren Odyssee durch etliche Kliniken in den 70er Jahren, die Diagnose. „Sie haben höchstens noch 1 ½ Jahre zu leben“, gab mir ein Arzt zu verstehen. Eine Welt ist damals für mich zusammengebrochen. Ich war zu dem Zeitpunkt erst 27 Jahre und stand kurz vor meiner Hochzeit.

Nach anfänglicher Verzweiflung raffte ich mich dann doch auf und holte mir noch eine zweite Meinung ein. Auf deren Empfehlung, kam ich zu Prof. Pichlmayr, einer der Pioniere auf dem Gebiet der Lebertransplantation an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). Über eine Transplantation hatte ich mir bis dahin noch nie Gedanken gemacht.
Dieser Arzt machte mir wieder Mut und riet mir zunächst zu einer sogenannten Entlastungsoperation. (Hepaticojejunostomie) Mein äußeres Gallenganssystem wurde entfernt und durch eine Dünndarmschlinge ersetzt.
Nach dieser OP hatte ich ein paar Jahre Ruhe, in denen sogar meine Tochter geboren wurde. Meinen Beruf als Architektin musste ich aber erst mal aufgeben. Nach der Geburt verschlechterte sich meine Erkrankung stetig und so wurde ich, nach einem Jahr Wartezeit, am 31.5.1991 in der MHH erfolgreich transplantiert.
Doch es sollte noch ein sehr schlimmes Jahr folgen; 3 Wochen nach der Transplantation bekam ich eine Sepsis, die zu spät erkannt wurde und die schrecklichsten Wochen meines Lebens verursachten, danach eine Unverträglichkeit der Immunsuppression (FK 506, Tacrolimus) und noch einiges mehr.

Ein Jahr später musste ich noch einmal operiert werden. Durch Folgen der Sepsis musste meine Bauchdecke entfernt werden, die durch diese OP wiederhergestellt wurde. Doch danach ging es langsam bergauf und ich konnte nach einiger Zeit wenigstens stundenweise wieder arbeiten.

Jetzt sind schon 30 Jahre vergangen. Das hätte man damals nicht gedacht. 30 Jahre geschenktes Leben. Ohne meinen Organspender und seine Angehörigen hätte ich nicht überlebt. Den 31.5.91 werde ich wohl nie vergessen. An diesem Tag starb auch meine 96-jährige Großmutter. Sie wollte in Ruhe einschlafen, wenn ich operiert wäre. Das Leben geht schon manchmal seltsame Wege.
Seit 24 Jahren engagiere ich mich in unserem Verband „Lebertransplantierte Deutschland“. Dort kann ich meine Erfahrungen in vielfältiger Weise weitergeben. Diese Menschen sind mir sehr ans Herz gewachsen und der Austausch und die Begegnungen mit ihnen, haben mir sehr geholfen.

Als man mir damals zu verstehen gab, dass ich nur durch eine Lebertransplantation weiterleben kann, war das auch ein Wahnsinns Schock. Bis dahin hatte ich mich noch nie mit diesem Thema auseinandergesetzt. Transplantationen waren zu dem Zeitpunkt noch ein großes Ereignis und in der Bevölkerung wenig bekannt. Selbsthilfegruppen gab es auch nicht.
Doch ich war mir schnell im Klaren, wenn du überleben willst, musst du diesen Weg gehen – mit allen Konsequenzen.
Da in unserem Leben Gesundheit das höchste Gut ist, setze ich mich auch für unsere Natur und Umwelt ein, die durch viele Einflüsse des Menschen sehr leidet.

Gerade eine Krankheit zwingt uns zum Innehalten und Nachdenken. Ganz wichtig ist es, sich bewusst zu machen: was kann ich selbst dazu beitragen, mit meinem neu gewonnen Leben? Wenn man überleben will, muss man auch anfangen etwas Positives zu tun, statt in negativen Gedanken zu versinken.

Auch ein innerer Ausgleich gehört dazu. Ich sammele meine Kräfte in der Natur; z.B. im Wald oder im Urlaub am azurblauen Meer sitzen und den Gedanken freien Lauf lassen. Musik lässt mich zur Ruhe kommen und gibt mir ein angenehmes, wärmendes und ruhiges Gefühl, sie kann aber auch ein Ventil sein, um Wut und Enttäuschung herauszulassen. Rückschläge gab es immer mal, privat und auch gesundheitlich. Ich habe die „Zähne zusammengebissen“ und versucht Probleme anzupacken.
Das Größte war meine Tochter aufwachsen zu sehen.
Jetzt kann ich mich jedes Jahr auf das Frühjahr freuen, meine Lieblingsjahreszeit; wenn die Natur erwacht, alles anfängt zu blühen und man morgens mit Vogelgezwitscher geweckt wird. Für mich gibt es nichts Schöneres. Gerade diese einfachen, schönen Dinge machen das Leben lebenswert. Man muss nur hinschauen. Dies habe ich auch durch meine Erkrankung gelernt – Wichtiges von Unwichtigem zu trennen.

Ich wünsche mir, dass all diese Dinge noch viele Wartepatienten erleben dürfen und dass mehr Organe zur Verfügung stehen. Dafür werde ich mich auch in Zukunft weiter einsetzen.

Mariele Höhn

Kontakt

Lebertransplantierte Deutschland e.V.
Montag - Donnerstag 10:00 bis 15:00 Uhr 

Telefon: 02302/1798991
Fax: 02302/1798992

E-Mail: geschaeftsstelle(at)lebertransplantation.de

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